Ein Oligarch spielt Trainer
Im Rampenlicht steht Rinat Achmetow nur ungern. Dabei ist der 45-Jährige ein Mann der Superlative. Mit Kohle und Stahl wurde er zum reichsten Mann der Ukraine. Er gönnt sich in London die teuerste Wohnung Großbritanniens. In Kiew hat der Parteifreund von Präsident Viktor Janukowitsch einen Sitz im Parlament. In seiner ostukrainischen Heimatstadt Donezk präsidiert und finanziert er den Fußballverein Schachtar, der es 2011 bis ins Viertelfinale der Champions League schaffte. Nun wird Achmetow auch noch Trainer – wenn auch nur vorübergehend.
Er werde in den kommenden Wochen selbst das Training leiten, kündigte Achmetow lächelnd an, nachdem sich Erfolgscoach Mircea Lucescu bei einem Autounfall Anfang Januar schwer verletzte. Doch mehr als PR ist seine neue Aufgabe wohl kaum. „Ein guter Trainer ist Achmetow sicher nicht, er ist ja nicht einmal sportlich“, meint der Berliner Regisseur Jakob Preuss, der Schachtar für seinen Film „The other Chelsea“ eine Saison lang begleitet hat. „Aber er strahlt einfach Macht aus, und die Spieler wissen, dass sie ihm ihr Gehalt zu verdanken haben.“
Seine Fußball-Leidenschaft teilt der Oligarch mit anderen Superreichen wie dem Russen Roman Abramowitsch. Mit einem Unterschied: Abramowitsch kaufte für teures Geld den Londoner Club Chelsea. Achmetow als Lokalpatriot dagegen investiert lieber in seiner Heimat, dem Donbass. Und so schenkte er der ostukrainischen Industriestadt Donezk auch ein neues Stadion, die Donbassarena. In dem 2009 für gut 175 Millionen Euro errichteten Schmuckkästchen werden im Sommer mehrere Gruppenspiele, ein Viertel- und ein Halbfinale der Fußballeuropameisterschaft ausgetragen.
In Donezk rechnet man Achmetow sein Engagement für den Fußball hoch an. Denn Achmetow hat nicht nur Schachtar zu internationalem Fußballruhm verholfen. Er agiert auch als Wohltäter und ist Arbeitgeber für 200.000 Menschen. An mehr als einhundert Unternehmen ist der Sohn eines tatarischen Bergarbeiters beteiligt, die er in der Holding System Capital Management gebündelt hat. Die Gruppe brüstet sich mit einem Umsatz von knapp 13 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Die Staatseinnahmen der Ukraine im Jahr 2010 lagen bei unter 40 Milliarden Dollar.
Achmetows sagenhafter Aufstieg in den 1990er Jahren gab immer wieder Anlass zu Spekulationen über Verbindungen in die Halbwelt. Mit einem Team von PR-Profis und Juristen setzt sich der Geschäftsmann gegen solche Vorwürfe zur Wehr. Doch aller wirtschaftlichen, sportlichen und politischen Erfolge zum Trotz folgt die unklare Herkunft seines ersten Vermögens ihm wie ein Schatten, sogar bis nach Amerika. So soll Achmetow Probleme haben, ein längerfristiges Visum für die USA zu bekommen, obwohl er dort über eine Milliarde Dollar in ein Kohleunternehmen investiert hat.
Derzeit aber hat Achmetow andere Sorgen. Vergangenen Sonntag flog er nach Bukarest, um sich nach dem Wohlbefinden von Coach Lucescu zu erkundigen. Denn dass Achmetow Schachtar zum Gewinn der Europa-League führen kann, wie Lucescu 2009, glaubt der allmächtige Unternehmer wohl selber nicht.