Demonstranten fordern Rücktritt von Saakaschwili
Sie wollen nicht eher gehen, bis Präsident Micheil Saakaschwili zurückgetreten ist. 100.000 Menschen haben sich nach Angaben der Internetseite newsru.com gestern vor dem Parlamentsgebäude versammelt. Sie riefen „Micheil, geh!“ Die Warnungen im staatlichen Fernsehen – Unruhen in Tiflis würden russische Truppen in Südossetien nutzen, um in der Hauptstadt einzumarschieren – hatte die Demonstranten nicht abhalten können, gegen ihren Präsidenten zu demonstrieren.
14 Parteien hatten zu der Großkundgebung aufgerufen. Führende Vertreter des Bündnisses sind der Wein-Unternehmer und ehemalige Präsidentschaftskandidat Lewan Gatschetschiladse, die ehemalige Parlamentssprecherin Nino Burdschanadse und die ehemalige Außenministerin Salome Surabischwili. Die Oppositionsparteien, die sich im vergangenen Jahr wegen des Kriegs mit Russland mit ihrer Kritik zurückgehalten hatten, scheinen nun bis zum Äußersten entschlossen. Sie erklärten, Sicherheit für Saakaschwili zu garantieren, wenn dieser zurücktrete.
Der ehemalige georgische Präsident und ex-Außenminister der Sowjetunion Eduard Schewardnadse sagte, ein Kompromiss zwischen Opposition und Regierung sei nicht erreichbar. Der einzige Ausweg sei der Rücktritt von Saakaschwili. Die georgische Regierung versuchte die Protest-Stimmung in der Bevölkerung in den vergangenen Tagen durch Zugeständnisse zu dämpfen. So wurde eine Wahlrechtsreform in Aussicht gestellt. Danach soll der Bürgermeister von Tiflis in Zukunft direkt von den Bürgern der Stadt gewählt werden.
Der georgische Innenminister Wano Merabischwili versprach „maximale Toleranz“ gegenüber den Demonstranten. Offenbar hofft der Minister, dass sich die Kundgebung verläuft. Der Protest könne nicht ewig dauern, die Demonstranten hätten ihre eigenen Grenzen, so der Innenminister. Das US-Außenministerium hat die georgische Regierung und die Opposition aufgerufen, „sicherzustellen, dass die Demonstrationen friedlich und ohne Gewalt verlaufen“.
Das Ansehen von Micheil Saakaschwili, der im November 2003 noch Hoffnungsträger der Rosenrevolution war, ist stark gesunken. Der georgische Präsident hat zwar wirtschaftliche Reformen durchgeführt, doch der Durchschnittslohn in Georgien liegt immer noch bei 70 Dollar im Monat. Auch private Eskapaden schadeten seinem Image. Dass der Präsident zur Nackenmassage mit seinem Privatjet eine junge Masseurin mit dem Künstlernamen Dr. Dot einfliegen ließ, sorgte in Georgien für einen Riesen-Skandal. Die georgische Staatskanzlei wies die Gerüchte über Dr. Dot zurück und erklärte, auch der Präsident habe ein Recht auf medizinische Behandlung.
Besonders viel Ansehen verlor Saakaschwili nach dem Krieg um Südossetien, im August 2008. Die Georgier machen ihren Präsidenten für den Verlust der beiden abtrünnigen Provinzen, Südossetien und Abchasien, verantwortlich. Dass der Krieg gegen Südossetien nicht zu gewinnen war, sei von Anfang an klar gewesen, heißt es in einer Erklärung der Oppositionsparteien. Der georgische Präsident hatte im August 2008 einen Angriff auf Zchinwali, die Hauptstadt der abtrünnigen Provinz Südossetien, befohlen. Die Provinz sollte mit Waffengewalt in das Mutterland zurückgeholt werden, was jedoch scheiterte, weil die russischen Militärs Panzer und Kampfflugzeuge schickten.