Ein Jahr Kosovo: Thaci verlangt Anerkennung von Belgrad
Am Dienstag feiert Kosovo, der jüngste Staat der Welt, seinen ersten Geburtstag. Ministerpräsident Hashim Thaci (41), der vor einem Jahr die Unabhängigkeit Kosovos ausgerufen hatte, verlangt nun die Anerkennung seines Landes durch Serbien und bietet Belgrad diplomatische Beziehungen an. „Ich erwarte von Serbien, dass es Kosovo so bald wie möglich als Staat anerkennt. Das ist das Beste für Frieden und Stabilität in der Region und das Beste für unsere beiden Länder“, sagte Regierungschef Thaci (41) im Gespräch mit n-ost.
Für den einstigen UCK-Rebellenführer ist die Forderung nach Anerkennung durch Serbien keineswegs unrealistisch. Belgrad habe verstanden, „dass Kosovo ein Staat ist“. Thaci zeigte sich sogar davon überzeugt, dass die serbische Führung durchaus willens ist, diesen Schritt zu tun. „Aber die Regierung ist eine Geisel der anti-albanischen Ansichten in Belgrad.“ Der serbische Präsident Boris Tadic wie auch die Regierung in Belgrad hatten in der Vergangenheit immer wieder klar gemacht, dass sie Kosovo „niemals“ als Staat anerkennen werden. Am 17. Februar 2008 hatte das kosovarische Parlament gegen den Willen Serbiens und ohne die Zustimmung des UN-Sicherheitsrates einseitig die Unabhängigkeit des Landes ausgerufen.
Prishtina sei bereit, so Thaci, bilaterale Beziehungen mit Serbien aufzunehmen. „Wir würden gerne eine Botschaft in Belgrad eröffnen, damit wir als zwei normale Staaten funktionieren können.“ Bislang haben erst 54 Länder Kosovo als unabhängigen Staat anerkannt, darunter auch die USA, Deutschland und 21 weitere EU-Mitglieder. Der Ministerpräsident ist optimistisch, dass die Zahl bald steigen wird: „Viele Länder sind derzeit im Anerkennungsprozess. Die Mehrheit der Staaten der Welt hat versprochen, uns anzuerkennen.“ In Prishtina wird spekuliert, dass vor allem aus den Reihen der Organisation der Islamischen Konferenz mehrere Anerkennungen zu erwarten sind.
Hashim Taci
Mit seiner Demokratischen Partei Kosovos (PDK) gewann Hashim Thaci die letzten Parlamentswahlen vom 17. November 2007 und wurde am 9. Januar 2008 zum Ministerpräsidenten Kosovos gewählt. Nur gut einen Monat später, am 17. Februar 2008, rief Thaci im Parlament in Prishtina die Unabhängigkeit Kosovos aus.Thaci ist einer der Mitbegründer der früheren "Kosovo-Befreiungsarmee" UCK, die einen bewaffneten Kampf gegen die serbische Armee und Polizei in Kosovo führte. In den Jahren des offenen Kriegs von 1998/99 war Thaci der politische Anführer der UCK.
Bei der Konferenz von Rambouillet vom Februar/März 1999, an der die Internationale Gemeinschaft eine friedliche Beilegung des Kosovo-Konfliktes zu erreichen suchte, stand Hashim Thaci an der Spitze der kosovo-albanischen Delegation. Nach dem Scheitern der Konferenz begann die Nato mit Luftangriffen gegen serbische Ziele.Bereits von 1990 bis 1993 war Thaci als einer der Anführer der kosovo-albanischen Studentenbewegung im Widerstand gegen die serbische Staatsmacht aktiv. 1995 wurde ihm in der Schweiz politisches Asyl gewährt, anschließend studierte er an der Universität Zürich Südosteuropäische Geschichte und Politikwissenschaft. Von Zürich aus war Thaci maßgeblich am Aufbau der UCK beteiligt. 1998 kehrte er nach Kosovo zurück.
Den rund 130.000 Kosovo-Serben, die in seinem Land mit insgesamt rund zwei Millionen Einwohnern leben, streckt Hashim Thaci die Hand entgegen. „Die Serben sind ein Teil unserer Gesellschaft, Kosovo ist das Heimatland all seiner Bürger“, sagte er deutlich und wies nicht ohne Stolz darauf hin, dass auch den im Januar gegründeten Kosovo-Sicherheitskräften schon jetzt über sechs Prozent Serben angehören. Auch im neu geschaffenen kosovarischen Geheimdienst würden Serben mitarbeiten.
Belgrad betrachtet die von der Nato unterstützten Sicherheitskräfte, die bei Vollbestand 2.500 leichtbewaffnete Angehörige und 800 Reservisten umfassen, als Bedrohung der Kosovo-Serben und hatte diese aufgerufen, sich nicht daran zu beteiligen. Bereits früher hatte Thaci darauf hingewiesen, die Sicherheitskräfte auch im fast ausschließlich von Serben bewohnten Nordteil Kosovos einsetzen zu wollen.Doch Gewalt, um den abtrünnigen Nordteil Kosovos und insbesondere den vor allem von Serben bewohnten Norden der geteilten Stadt Mitrovica in den jungen Staat zu integrieren, lehnt Thaci entschieden ab: „Jede Absicht, Gewalt anzuwenden, um die Situation in Mitrovica zu regeln, wäre abenteuerlich!“ Eine Teilung Kosovos schließt der Ministerpräsident aus: „Die Integrität von Kosovo ist unantastbar, und sie ist international anerkannt.“