Mit oder ohne Gazprom?
Der aktuelle Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine lenkt den Blick der Welt wieder auf Aserbaidschan und Turkmenistan, die gemeinsam eine Alternative gegen das russische Gasmonopol für die Länder des Ost- und Westeuropas anbieten könnten. Jedoch steht die Verwirklichung des westlichen Gasprojektes Nabucco-Pipeline immer noch in den Sternen. Der erste Grund ist dafür das neue russische Projekt „South-Stream“, das Nabucco ersetzen will. Die wackelnde Position Turkmenistans spielt dabei eine negative Rolle. Denn Nabucco kann nur dann rentabel sein, wenn auch das turkmenische Gas durch die geplante Unterwasserpipeline über das Kaspische Meer, Aserbaidschan, Georgien und die Türkei nach Europa befördert werden würde. Andernfalls, also wenn allein aserbaidschanisches Gas fließen sollte, lohnt sich Nabucco nicht.
Um Nabucco zu verhindern, unternahm Moskau in den vergangenen Wochen mehrere Schritte. Dazu gehört neben „South Stream“ noch das Projekt Kaspische Gaspipeline, das schon 2007 zwischen Russland, Turkmenistan und Kasachstan vereinbart wurde. Ziel ist es, das turkmenische Gas weiter zu kontrollieren. Das russische Gasmonopol ist besonders stark in Turkmenistan, wo nur eine alte sowjetische Gaspipeline existiert. Die Kaspische Gaspipeline soll eine alte sowjetische Gasleitung ersetzen, sodass noch mehr Gas über Kasachstan nach Russland befördert werden kann.
Gazproms jüngster Schritt in Richtung des totalen Gasmonopols im postsowjetischen Raum sind jedoch die Verhandlungen mit der aserbaidschanischen Regierung. Schon im letzten Frühjahr begann Gazprom, Verhandlungen mit Baku darüber zu führen. Der Vorschlag Gazproms war dabei überraschend: Der Konzern will aserbaidschanisches Gas zu dem Preis kaufen, zu dem Gazprom selbst das Gas an die Länder der EU verkauft. Üblicherweise kauft Moskau das Gas aus den zentralasiatischen Ländern viel billiger und macht vom Verkauf nach Europa großen Gewinn. Die Verhandlungen laufen noch, und bis jetzt ist nicht klar, ob Aserbaidschan wirklich sein Gas an Gazprom verkaufen wird. Das könnte selbst die Gaspipeline Baku-Tiflis-Erzurum in Gefahr bringen. Moskau könnte dadurch den wirtschaftlichen und politischen Druck auf Kiew und Tiflis sowie die EU-Länder noch erhöhen. Es zeichnet sich indes ab, dass Aserbaidschan an Nabucco mehr interessiert ist, als an einer Zusammenarbeit mit Russland. Das sollte dem Land nicht nur wirtschaftlichen Gewinn, sondern auch neue politische Dividenden und stärkere Unterstützung durch den Westen bringen. Baku wird sein Gas erst dann nach Moskau verkaufen, wenn der Westen auf die Verwirklichung von Nabucco verzichtet. Dabei hängt immer noch viel von Turkmenistan ab.