Kein Gas – kalte Wohnungen in Sarajewo
Gerade mal fünf Stunden nach Einstellung der russischen Lieferungen bekamen die Bewohner der bosnisch-herzegowinischen Hauptstadt Sarajewo bereits kein Gas mehr. In den meisten Wohnungen wie auch in Schulen, Krankenhäusern und anderen öffentlichen Einrichtungen blieb es vorläufig aber warm. Etwa 90 Prozent aller Gebäude können über Fern- und Zentralheizungen auch mit anderen Brennstoffen wie Dieselöl beheizt werden. Bei aktuellen Temperaturen von Minus 15 Grad in der Nacht sind diese Vorräte allerdings begrenzt und reichen für maximal fünf bis sieben Tage. "Wenn es so weitergeht, droht eine humanitäre Katastrophe", warnte Almir Becarevic, Chef von BH-Gas.
In jenen Privathäusern, die nur über eine eigene Gasheizung verfügen, sind die Radiatoren allerdings schon seit der Nacht auf Mittwoch kalt. Wer keinen Holzofen hat, muss mit Strom heizen. Die Supermarktkette Robot hat bis Mittwochmittag bereits 3.000 Elektroöfen abgesetzt – in Sarajewo sind sie bereits ausverkauft. Immerhin meldete der staatliche bosnisch-herzegowinische Stromproduzent Elektroprivreda BiH, dass die Stromversorgung im Land gesichert sei, selbst wenn der Verbrauch um 20 Prozent zunehme.
Auch im nordserbischen Novi Sad stehen rund 70.000 Menschen in 25.000 Wohnungen womöglich kalte Tage bevor. Denn die Fernheizungen, an die sie angeschlossen sind, funktionieren ausschließlich mit Gas. In Novi Sad wollte sich niemand darauf festlegen, wie lange die Vorräte noch reichen. Im Augenblick habe man "noch Gas für einige Stunden". Dusan Bajatovic, Direktor von Srbijagas, sagte, er könne sich gar nicht ausdenken, "was passiert, wenn der Gasstreit nicht schnell gelöst wird".
In Belgrad und den meisten Städten des Landes funktionierten die Heizungen am Mittwoch weitgehend normal. Die Großverbraucher wurden aufgefordert, nach Möglichkeit auf andere Brennstoffe umzusteigen. Serbien hätte sich zum orthodoxen Weihnachtsfest am gestrigen Mittwoch bestimmt ein anderes Geschenk seines "großen Bruders" aus Moskau gewünscht als abgedrehte Gasleitungen.
Besser ist die Lage in Kroatien, wo immerhin Gasvorräte für zirka zehn Tage vorhanden sind. In Slowenien, das auch Gas aus Depots in Österreich bezieht, reichen die Vorräte sogar für eineinhalb Monate. Kosovo als ärmster Nachfolgestaat des ehemaligen Jugoslawien ist von der Gaskrise dagegen kaum betroffen. Sein Vorteil: Die meisten Kosovaren heizen mit Holz und viele sind wegen der andauernden Stromausfälle mit Gasflaschen oder kleinen Diesel-Generatoren ausgerüstet.