Juristischer Schlag gegen die „Ungarische Garde“
Trägerverein der rechtsextremen Gruppierung verboten / Politiker begrüßen das Urteil / Rechtsextreme kündigen Revision an
(n-ost) – Wehende rot-weiß-gestreifte Fahnen, Knobelbecher im Gleichschritt, Trommelwirbel – anderthalb Jahre lang konnte die „Ungarische Garde“ ungehindert durch Roma-Siedlungen ziehen und Angst und Schrecken verbreiten. Auf die Fahnen hat sie sich den Kampf gegen so genannte „Zigeunerkriminalität“ geschrieben und eine diffuse „Pflege ungarischer Werte“. Außerdem stand Wehrerziehung auf dem Programm.Das Treiben der nach eigenen Angaben 1200 Mitglieder zählenden Wehrsportgruppe hat nun einen Dämpfer von der ungarischen Justiz erhalten. Das Stadtgericht Budapest hat am Dienstagabend den Trägerverein der „Ungarischen Garde“ verboten. Die Richter begründeten ihr Votum damit, dass die „Ungarische Garde“ Roma und anderen Minderheiten Angst einjage und damit deren menschliche Würde verletze.Für Tivadar Fátyol, Direktor des Roma-Radios C, das in der ungarischen Hauptstadt sendet, war schon immer klar: „Das ist eine Parteiarmee“, denn hinter der Ungarischen Garde steckt die rechtsextreme Partei „Jobbik“ (Die Rechteren/Die Besseren). Der Spruch ist noch nicht rechtskräftig, die Rechtsextremen kündigten Berufung gegen das Urteil an.
Hinter der "Ungarischen Garde" steht die rechtsextreme Splitterpartei "Jobbik". Foto: Stephan Ozsváth
Gábor Vona, Gründer der „Ungarischen Garde“ und Parteichef der hinter ihr stehenden rechtsextremen Splitterpartei „Jobbik“ sagte, nur der Trägerverein der „Ungarischen Garde“ sei verboten worden, „die Bewegung wird weiter machen“. Die Aufmärsche werden also weiter gehen, glauben Beobachter, denn eine „Bewegung“ ist im ungarischen Vereinsrecht nicht definiert: eine klare Rechtslücke.Auch Ildikó Lendvai, Fraktionsvorsitzende der regierenden Sozialisten, glaubt, dass die „symbolische Bedeutung“ des Urteils größer sei als konkrete Auswirkungen. Aber die Richter hätten zumindest eins klar gestellt: „Niemand darf Minderheiten Angst einjagen und auf der Straße eine Atmosphäre der Angst erzeugen.“ Die Grenzen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit waren seit Gründung der Garde unklar. Das ungarische Verfassungsgericht hatte im Sommer 2008 einen Gesetzesentwurf, der Volksverhetzung unter Strafe stellt, gekippt. Die Garde konnte weiter ungehindert marschieren, die Rechtsextremen konnten gegen Minderheiten hetzen. Es kam vereinzelt zu Übergriffen gegen Juden, Roma und Andersdenkende. Am Rande der diesjährigen Gay-Pride-Parade in Budapest machten Rechtsextreme Jagd auf ungarische Politiker.Juristisch belangt wurden Garde-Mitglieder jedoch bislang nicht. Justizminister Tibor Draskovics sieht die ungarische Demokratie durch das Urteil vom Dienstagabend gestärkt: „Es ist wichtig, dass die Richter klar gesagt haben: Es kann nicht hingenommen werden, dass selbsternannte ´Ordnungshüter´ das Gewaltmonopol des Staates verletzen“, sagte er.Und genau das hatte die „Ungarische Garde“ seit ihrer Gründung vor anderthalb Jahren versucht. „Unsere Aufgabe ist, die öffentliche Sicherheit zu verbessern“, hatte sich Gründer Gábor Vona dreist angemaßt. Jetzt hat er einen längst überfälligen Dämpfer von der ungarischen Justiz bekommen. Und auch innerhalb der Möchtegern-SA zeigen sich erste Risse. Anfang Oktober 2008 spaltete sich eine Gruppe um den ehemaligen „Kommandanten“ István Dósa ab. Ihnen fehlte nach eigenen Angaben der Bezug zu den eigentlichen Vereinszielen: „die Pflege ungarischer Kultur und Werte“.
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