Prag zögert bei Euro-Notfallplan
Vor ein paar Tagen hatte Tschechiens EU-skeptischer Präsident Vaclav Klaus noch gescherzt und den Russen empfohlen, lieber auf die tschechische Krone statt auf den Euro zu setzen. Am Dienstag hat er nun noch einen drauf gesetzt: Er bot sich an, den Euro „liquidieren“ zu helfen. Bei einem Auftritt vor Studenten im polnischen Breslau erinnerte er daran, dass er in solchen Dingen erfahren genug sei, habe er doch 1993 schon die tschechisch-slowakische Währungsunion problemlos aufgelöst. „Wenn es nötig sein sollte, den Euro zu liquidieren, melde ich mich als Freiwilliger“, sagte Klaus wörtlich in Breslau.
Es ist dies der neueste Höhepunkt in Klaus‘ verbalem Feldzug gegen die europäische Gemeinschaftswährung. Am Montag hatte er der Regierung in Prag dringend ans Herz gelegt, sich nicht an der geplanten Aufstockung der Mittel des Internationalen Währungsfonds für verschuldete EU-Staaten zu beteiligen. Tschechien müsste dazu rund 10 Prozent seiner Geldreserven einsetzen (etwa 3,5 Milliarden Euro), was angesichts der derzeitigen Schuldenlast des Landes gefährlich sei. Bei Premier Petr Necas traf er auf Gehör. Der zeigte sich am Dienstag skeptisch über das Projekt und verwies auf die Unabhängigkeit der tschechischen Nationalbank. Die Gouverneure besagter Nationalbank sind alle von Präsident Klaus berufen worden und gelten als ebenso Euro-unfreundlich wie Klaus selbst.
Klaus spricht sich gegen Rettung aus
Der Präsident hatte zudem am Wochenende die Zurückhaltung Tschechiens bei der Zustimmung zum Euro-Notfallplan des EU-Gipfels gelobt. Er sehe keinen Grund, weshalb man das „schlechte Projekt der Gemeinschaftswährung um jeden Preis retten“ solle. Auch hier wurde ihm am Dienstag noch einmal von Premier Necas sekundiert: „Nachdrücklich zu erklären, dass wir ein unbeschriebenes Blatt Papier unterschreiben werden, wäre eine sehr kurzsichtige politische Entscheidung“, sagte Necas in Prag. Nicht-Eurostaaten könnten nicht dazu verpflichtet werden, innerhalb von nur zehn Tagen über ihre Teilnahme an dem Notfallplan zu entscheiden, meinte Necas, viele Fragen seien in Brüssel offen geblieben.
In dieselbe Kerbe schlug am Dienstag eine tschechische Finanzexpertin in der liberalen „Mlada fronta Dnes“. Die Leiterin der Gesellschaft Next Finance, Marketa Sichtarova, argumentierte in ihrem Aufsatz: „Weder die tschechische Öffentlichkeit noch die tschechischen Unternehmen wollen den Euro. Umfragen sagen, dass die Mehrheit der Deutschen die Rückkehr der D-Mark wolle. Es genügt eine Wahl, bei der Frau Merkel hinweggefegt wird und wir werden aus dem Staunen nicht mehr herauskommen, wie schnell die Eurozone zusammenbricht. Mit Krediten für die Eurozone tun wir nichts Gutes. Dafür schaden wir uns selbst reichlich.“
Schwarzenberg verhält sich loyal
Eigentlich könnten die Euro- und EU-Befürworter in Tschechien das alles mit einer gewissen Gelassenheit sehen. Präsident Klaus kann laut der Verfassung nicht so einfach die Richtlinien der Politik bestimmen. Das Problem: Der tschechische Präsident genießt aufgrund seines Amtes einen viel höheren Einfluss auf das Geschehen, als ihm formal zusteht. Und die Euro- und EU-Befürworter sind weniger geworden. Außenminister Karel Schwarzenberg seht zwar inhaltlich auf der anderen Seite der Barrikade, verhält sich aber wie immer loyal zu seinem Präsidenten und kann derzeit auch keinen Streit in der Regierungskoalition gebrauchen.
Ein Kommentator des tschechischen Hörfunks sieht die Tschechen immer mehr in Richtung der Briten driften. Freilich seien die Briten schon einmal, vor 1938, Verbündete der Tschechen gewesen. Danach aber hätten sie die Tschechen gegenüber Hitlerdeutschland im Regen stehen lassen.