GUS-Gipfel in Scherben
Alles Routine, alles wie gehabt: die Tagesordnung des Gipfels der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) in der kirgisischen Haupstadt Bischkek liest sich, als wäre nichts passiert im vergangenen Jahr. Kein Wort steht da vom Krieg im Kaukasus und dem Austrittsgesuch Georgiens. Bloß ein Blick auf die Teilnehmerliste des Treffens der Staatsoberhäupter bietet einen deutlichen Hinweis darauf, wo die tiefsten Bruchlinien innerhalb des Staatenbundes verlaufen: Georgien nimmt nicht teil, der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko lässt sich vertreten, ebenso der Präsident Aserbaidschans Ilham Aliyev.
Die GUS, die die Staaten der Sowjetunion nach deren Zerfall einigermaßen zusammenhalten sollte, ist heute stärker in sich gespalten denn je. Mit dem Treffen in Bischkek wurde jetzt der Austritt Georgiens endgültig. Wirksam wird er im August kommenden Jahres. Letztlich ist er nur der Vollzug lange gehegter Gelüste einer Abkehr von Russland, die im vergangenen August im Krieg zwischen den beiden Staaten eskaliert waren.
Und Georgien steht, was die Haltung zum großen Nachbarn angeht, keinesfalls alleine da. Auch die Ukraine denkt lautstark über einen Austritt nach. Dass Präsident Juschtschenko nicht nach Bischkek kam, ist ein klares Signal in Richtung Moskau. Aliyev begründete sein Fernbleiben mit den bevorstehenden Präsidentenwahlen in Aserbaidschan. Jedoch war der Ton zwischen Baku und Moskau auch schon wesentlich freundlicher.
Hinzu kommen Bruchlinien unter den zentralasiatischen Staaten, bei denen es um Fragen der Grenzziehung sowie um Wasser- und Energiefragen geht. Was den Präsidenten der restlichen GUS-Mitgliedsstaaten in Bischkek nun blieb, war Routine zu signalisieren. 21 Punkte wurde debattiert: Im Vordergrund standen Wirtschaftsfragen, die Finanzkrise und mögliche Gegenmaßnahmen, Energiefragen sowie verschiedene Sicherheitsthemen wie der Opiumschmuggel aus Afghanistan.
"Die Gerüchte über das Absterben der GUS entbehren jeder Grundlage. Auf dem Gipfel ging es nicht darum, ob die Gemeinschaft existieren oder nicht existieren muss. Es wird die Frage behandelt, wie die Gemeinschaft noch effektiver zu machen ist", so der Exekutivsekretär der GUS, Sergej Lebedew, der zugleich Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes ist.
In Richtung Georgien bemühte sich Moskau um Nüchternheit: Der Austritt aus der GUS stehe Georgien als souveränem Staat zu, so Russlands Außenminister Sergej Lawrow. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses der Staatsduma, Viktor Sawarsin, sprach von einer Demonstration "politischer Unabhängigkeit", deren Folgen Georgien nur noch nicht einsehen wolle. Die GUS jedoch habe durch den Austritt nichts verloren. Andere sehen die Organisation derweil bereits als verloren an.