Ukraine

Juschtschenko will Neuwahlen ausrufen

Nur ein Piepen, keine Verbindung zum ukrainischen Präsidenten. Sie habe schon lange keinen direkten Draht mehr ins Büro Viktor Juschtschenkos, sagte die ukrainische Premierministerin Julia Timoschenko dieser Tage vor Journalisten. Die direkte Telefonleitung zwischen Viktor Juschtschenko und Julia Timoschenko ist tot -- genau wie die Koalition zwischen den Parteien der beiden einstigen Verbündeten. Am Donnerstag will Präsident Juschtschenko das Parlament auflösen und Neuwahlen für Dezember ausrufen.

Die Parlamentsauflösung am heutigen Donnerstag erscheint als rein formaler Akt. Bereits am Mittwoch hatten sich die Vorsitzenden aller Fraktionen mit dem Präsidenten auf Neuwahlen geeinigt. Es werden die dritten in eben so vielen Jahren. Und wirklich überrascht ist niemand über den neuerlichen Bruch zwischen Timoschenko und Juschtschenko -- hatte sich dieser doch lange abgezeichnet.

Gerade einmal neun Monate hatte die Regierung gehalten. Neun Monate, in denen vor allem regierungsintern gestritten wurde: über ein Gas-Abkommen mit Russland, Verfassungsänderungen, die rasante Inflation. Den Bruch hatte letztlich der regierungsinterne Streit um den Umgang mit dem Kaukasus-Krieg gebracht. Der Präsident hatte Timoschenko vorgeworfen, zu russlandfreundlich zu sein. Die Premierministerin beschuldigt den Präsidenten, eine russlandfeindliche Politik zu verfolgen. Juschtschenko hatte sogar versucht, Timoschenko wegen Hochverrats vor Gericht zu bringen. Als deren Fraktion dann gemeinsam mit der oppositionellen Partei der Regionen im Parlament für eine Beschneidung der Kompetenzen des Präsidenten stimmte, war für Juschtschenko der Bogen überspannt.

Die Neuwahlen fallen in eine für die Ukraine besonders heikle Phase. Im Windschatten des Kaukasus-krieges kocht der Konflikt um die Krim und die dort stationierte russische Schwarzmeerflotte hoch. Zudem sorgt die vor allem von Juschtschenko massiv betriebene Annäherung an die NATO für interne Konflikte. Das Land kämpft zudem mit einer Inflation, die für dieses Jahr auf über 20 Prozent prognostiziert wird.

Dass die Wahlen die Mehrheitsverhältnisse im Parlament deutlich verändern werden, glaubt niemand so recht. Am ehesten erscheint aus derzeitiger Sicht ein Sieg der oppositionellen Partei der Regionen von Viktor Janukowitsch wahrscheinlich. Auch er war schon einmal Premier - in der vorangegangenen Regierung. Und auch er hatte seine liebe Not mit Juschtschenko, gegen den er die Präsidentenwahlen 2004 verloren hatte. Diese Wahlen waren in die orangefarbene Revolution übergegangen. Nur eines ist fix - soweit man das bei der Ukraine überhaupt sagen kann: Spätestens Ende 2009, Anfang 2010 finden Präsidentenwahlen statt.


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