Rumänien

BRAUNBÄREN ALS TOURISTENATTRAKTION

(n-ost) – Nach dem Angriff eines Bären auf einen deutschen Touristen in Rumänien warnen Experten vor dem Camping im Bucegi-Gebirge und anderen Regionen. Solche Angriffe könnten in Zukunft noch häufiger passieren, prognostiziert der Leiter der Bergwache Dambovita, Doru Diaconescu. Denn der Lebensraum der Tiere ist in den letzten Jahren immer geringer geworden, größtenteils wegen des Tourismus.Der 26-jährige Student Christoph Schultz aus Hamburg wurde in der Nacht zu Donnerstag in den rumänischen Südkarpaten von einem Bären angegriffen. Er wurde schwer verletzt, befindet sich inzwischen aber außer Lebensgefahr. Der Mann hatte mit zwei deutschen Freunden im Bucegi-Gebirge gezeltet. Ein Braunbär zerriss nachts das Zelt und verletzte Schultz an Schultern, Rücken, Hüften und am linken Ohr. Seine beiden Freunde sind mit einem Schock davongekommen. Das Tier sei auf der Suche nach Nahrung gewesen, erklären die Bergwächter, die die Touristen gerettet und stabilisiert hatten.„Im Gebiet Lunca Padinei, wo der Unfall passiert ist, ist das Kampieren verboten. Es gibt Schilder, die vor Bären warnen“, sagte Doru Diaconescu von der Bergwache. Erst vor drei Wochen soll ein Bär weitere Zelte im Gebiet zerrissen haben, es gab damals aber keine Opfer. In Rumänien lebt die größte Anzahl von Braunbären in Europa, rund 7.000 Exemplare. Deshalb werde es immer wahrscheinlicher, dass Touristen in der Natur auf die Bären treffen, sagte Diaconescu. Deswegen seien die ausgehängten Schilder, die vor Bären warnen, ernst zu nehmen.Erst diesen Sommer ist ein Mann im Kreis Kronstadt/ Brasov von einem Bär getötet worden. Mehrere Menschen wurden in den vergangenen Monaten attackiert. Die Stadt ist berühmt dafür, dass Bären sich aus den Mülltonnen am Fuße des Berges ernähren. Die „Müll-Bären“, wie sie genannt werden, sind eine richtige Touristenattraktion. Die Leute geben ihnen Kekse und fotografieren sie. Die Bären haben sich so sehr an die Menschen gewöhnt, dass sie keine Scheu oder Angst mehr vor diesen haben.Daher dringen sie in Höfe und Gärten ein, auf der Suche nach Nahrung. Im Juni ist ein Bär sogar in ein Treppenhaus geraten. Die Leute, die in den Stadtteilen am Waldrand wohnen, fürchten sich. Die Behörden versuchen seit Monaten Lösungen für diese Plage zu finden, doch sind Bären durch ein   rumänisches Gesetz geschützt und dürfen nur mit besonderer Genehmigung gejagt werden. In der Nähe von Kronstadt gibt es ein Bärenreservat, das rund 50 Exemplare beherbergt.Der jüngste Fall hat nun Verantwortliche der Bergwacht, des Naturparks Bucegi sowie die Jäger aus dem Kreis Dambovita zusammengebracht. Sie müssen über das Schicksal des aggressiven Bären entscheiden – Einschläfern oder ein Leben in einem Reservat. Da ein Bär, der den Blutgeschmack kennengelernt hat, immer wieder angreifen wird, scheint das Töten des Tieres sehr wahrscheinlich. Nach dem Vorfall mit den deutschen Touristen planen die Behörden mehrsprachige Schilder im Wald auszuhängen, die vor Bären warnen und das Zelten ausdrücklich verbieten. Ein Schild haben Christoph Schultz und seine Mitcamper indes nicht gesehen. „Wir haben neben anderen Zelten kampiert, die etwa 250 Meter weit weg von einer Berghütte waren“, erzählte Christoph Schultz gegenüber n-ost. „Es stand nirgends deutlich, dass Zelten verboten sei, außerdem stand alles auf Rumänisch auf den Schildern. Wir haben geschlafen und dann hat uns der Bär angegriffen. Meine Kollegen sind aus dem Zelt raus, ich war noch drinnen. Wir haben geschrien und er ist dann zurück in den Wald“, sagt Christoph. „Vielleicht hat alles nur kurz gedauert, aber ich hatte den Eindruck, es war eine Ewigkeit.“Schultz wird im Krankenhaus im Kurort Pucioasa voraussichtlich noch eine Woche bleiben. „Wir behandeln seine Wunden, eine Blutblase, die er am Arm hat, und er bekommt Spritzen gegen Krankheiten, durch die er sich vom Bärenspeichel angesteckt haben könnte“, sagt Assistentin Alina Cicos. Schultz ist zufrieden mit der Ersten Hilfe durch die Bergwache: „Ich war unter Schock. Sie haben mir Medikamente gegeben und mich dann in der Schutzhütte gewärmt und sehr gut gepflegt.“ Der Hamburger Bergfan wollte mit seinen beiden Kollegen einen Monat Urlaub in den rumänischen Karpaten und am Schwarzen Meer machen. Die drei waren seit Sonntag unterwegs. Nun plant Christoph nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus die Rückkehr nach Hause. Exkursionen in Gebirgen will der Deutsche jedoch nicht aufgeben.
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