SCHWEIZER SPITZENKOCH VERZAUBERT POLEN
(n-ost) – In Polen ist der Schweizer Spitzenkoch Kurt Scheller ein Star. Er ist bekannt aus beliebten Kochsendungen im Fernsehen, Seehundschnauzer und schwarze Baskenmütze sind seine Markenzeichen. Seit sechs Jahren führt Kurt Scheller in Warschau mit Erfolg eine eigene Koch-Akademie.
„Eine Zwiebelsuppe muss man pflegen", sagt der Schweizer Spitzenkoch Kurt Scheller, der in den Masuren Schweizer Gerichte anbieten will. Foto: Norbert Rütsche„Eine Zwiebelsuppe muss man pflegen, mit ihr reden, ihr mindestens eine Stunde Zeit widmen“, sagt Kurt Scheller schon fast beschwörend, während er in seiner Akademie-Küche im Herzen Warschaus das Gemüse für den abendlichen Kochkurs vorbereitet. Das Kochen ist für den in der Stadt Luzern aufgewachsenen 56-Jährigen nicht nur Beruf, sondern vor allem eine Leidenschaft. Diese Leidenschaft hat Kurt Scheller seit seiner Berufslehre 1968 bis 1971 im Hotel Luzernerhof nicht mehr losgelassen – und ihn als Koch rund um den Erdball geführt: Er arbeitete in renommierten Hotels in London, Madrid und Amsterdam, dann in Jamaika, Ecuador, Kuwait und Ägypten, seit 1978 immer in leitender Position als Küchenchef oder Küchendirektor. Zum Teil war er gleichzeitig für bis zu 120 Köche verantwortlich.Vor 17 Jahren, gleich nach der politischen Wende, kam Kurt Scheller nach einer kurzen Zwischenstation in Moskau nach Warschau – wo er bis heute geblieben ist. Das traditionsreiche Hotel Bristol war als 5-Sterne-Haus wiedereröffnet worden und holte den international anerkannten Spitzenkoch als Küchendirektor in die polnische Hauptstadt. „Es reizte mich, erstmals in einem 5-Sterne-Hotel zu arbeiten“, erinnert sich Scheller. Nach vier Jahren und einem Abstecher nach Bahrain übernahm er schließlich die Verantwortung für alles Kulinarische im neu eröffneten Warschauer Luxushotel „Sheraton“, bevor er 2002 sein eigenes Gourmet-Restaurant, das „Rialto“ aufmachte.Im selben Jahr gründete der Schweizer auch seine Kochakademie, bis heute sein Aushängeschild in Warschau. Ursprünglich als Ausbildungsstätte für junge polnische Berufsköche gedacht, hat sich die Akademie zusehends zu einem Geheimtipp für Amateure entwickelt, die etwas für Zuhause lernen wollen. Auch Firmen und Vereine buchen immer häufiger für einen Abend: „Anstatt ins Restaurant zu gehen, kommen sie hierher, wo alle gemeinsam kochen und essen“, erklärt Kurt Scheller. Für diesen Abend haben sich 16 Personen angemeldet – fünf Gänge in eineinhalb Stunden stehen auf dem Programm. Als Hauptgericht gibt es Kalbfleisch mit Frühlingszwiebeln, dazu Teigwaren mit getrockneten Aprikosen. „Es sind immer einfache Gerichte, die die Kursteilnehmer auch zu Hause zubereiten können, so der Starkoch. Schweizer Spezialitäten gehören inzwischen nicht mehr zum Angebot der Akademie. „Am Anfang war das noch so, aber die Nachfrage war zu gering. Die Warschauer essen das Fondue lieber in der Schweiz als hier“, schmunzelt Kurt Scheller. Auf großes Interesse stoßen dagegen seine Themen-Abende zum Beispiel zu arabischer Küche, Sushi, Kochen mit Bier, Thai-Küche oder Barbeque.Eine eigene Kochsendung von 2003 bis 2007 auf Polsat, dem größten Privatfernsehsender des Landes, machte den Schweizer Spitzenkoch über den Kreis der Warschauer Gourmets hinaus in ganz Polen bekannt und beliebt. „Ich sehe eben ein bisschen anders aus, das hat dem Sender offenbar gefallen“, lacht Scheller und streicht sich über seinen markanten Seehundschnauzer. Der Schnauzer ist zusammen mit der schwarzen Baskenmütze, die er in der Akademie und bei allen öffentlichen Auftritten immer trägt, zu seinem Markenzeichen geworden; wie sein Polnisch, das, so gibt Scheller lachend zu, “nicht jeder sofort versteht“. Dennoch schaffte er es nicht nur ins Fernsehen, sondern schrieb für den polnischen Markt auch mehrere Kochbücher, die sich alle ausgezeichnet verkaufen.Für den weit gereisten Koch gibt es keinen Zweifel: „Polen ist meine Heimat – nach 17 Jahren will ich nicht mehr weg von hier.“ Dennoch zieht es ihn bald wieder mehr in Richtung Schweiz – zumindest kulinarisch. In den nordostpolnischen Masuren, einer der faszinierendsten Ferienregionen des Landes mit unzähligen Seen und ausgedehnten Wäldern, plant er die Eröffnung eines „Swiss Chalet“ mit bodenständigen Spezialitäten wie Raclette und Fondue, Rösti, einer eigenen Bratwurst, Zürcher Geschnetzeltem – und natürlich der Luzerner Kügelipastete. In Warschau, so ist Scheller überzeugt, hätte er damit keinen Erfolg, „die Hauptstadt ist schon übersättigt mit Restaurants“. Aber auf dem Land, in einer Erholungsregion für ganz Warschau und immer mehr auch für Ausländer, werde das klappen: „Rustikal, mit großen Portionen und nicht zu teuer – ein Bauernessen eben.“Doch Kurt Scheller hat nicht vor, sich in den Masuren selbst die Kochschürze umzubinden, das wird ein Angestellter übernehmen. Schon im letzten Jahr übergab er sein Luxus-Restaurant „Rialto“ in Warschau, um sich voll und ganz der Koch-Akademie zu widmen. Seine persönliche Leibspeise ist ohnehin überall die Gleiche: „Ein Sandwich“, lacht der Schweizer Starkoch, „das kann man auch im Gehen essen, deshalb mag ich das so!“ Sagt’s – und holt die Crevetten für eine der drei Vorspeisen vom Abend aus dem Eisfach. Die ersten Teilnehmer klingeln schon.
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