LECH WALESA SOLL IN WEISSRUSSLAND VERMITTELN
(n-ost) – In Weißrussland gibt es kurz vor den Parlamentswahlen womöglich eine Annäherung zwischen Opposition und dem Lukaschenko-Regime. Beide diskutieren über einen Runden Tisch. Lech Walesa, Nobelpreisträger und ehemaliger polnischer Staatspräsident, soll um die Vermittlung zwischen beiden Seiten gebeten werden.Das Regime will mit der Opposition wieder sprechen, teilten in dieser Woche Vertreter der weißrussischen Oppositionsbewegung mit. Sie stellten einen Plan vor, mit dem die bisherige politische Situation in Weißrussland verändert werden soll. Als Vorbild soll der Runde Tisch in Polen dienen, wie er 1989 stattfand. Damals sprachen die Vertreter des kommunistischen Regimes mit der Bewegung „Solidarnosc“, vertreten u.a. durch Bronislaw Geremek und den späteren Ministerpräsidenten, Tadeusz Mazowiecki. Diese Gespräche am polnischen Runden Tisch führten letztlich zu halbfreien Parlamentswahlen. Das Regime bekam zwar einen Platzkontigent im Sejm, der unteren Kammer des Parlaments. In die obere Kammer, den Senat, zogen jedoch nach einer freien Wahl nur Vertreter der damaligen Opposition ein. Diese Lösung erlaubte eine friedliche Machtübergabe in Polen. Jetzt will die weißrussische Opposition dasselbe für das eigene Land. Der Appell an das Regime und den Präsidenten Alexander Lukaschenko wurde im „Dziennik“ veröffentlicht, der Tageszeitung von Axel Springer in Polen. Unterschrieben wurde er von prominenten weißrussischen Politikern, u.a. von Stanislaw Schuschkievitsch, dem ehemaligen Präsidenten Weißrusslands, von Anatol Lebiedka, dem Chef der Vereinigte Bürgerpartei, und von Wincuk Wiacorka, dem Chef der Nationalen Front Weißrusslands. Als Vermittler solle Lech Walesa auftreten. Walesa bestätigte in dieser Woche eine offizielle Einladung der weißrussischen Opposition und äußerte seine Bereitschaft, diese Rolle zu übernehmen.Die Gespräche sollen noch vor den Parlamentswahlen in Weißrussland stattfinden, die für den 28. September geplant sind. In ersten Reaktionen geben Beobachter dieser Initiative eine große Chance. Der bisher auf Russland orientierte autoritäre Regime-Chef Alexander Lukaschenko könne dazu gezwungen werden, sein Politik zu ändern. Nicht, weil die Opposition ihn dazu bringt, denn die Unterstützung für Lukaschenko in der Masse der Bevölkerung ist immer noch größer als die Gegenbewegung der Opposition. Doch in der letzten Zeit sei es immer deutlicher geworden, dass Russland keine gleichberechtigte Partnerschaft mit Weißrussland will, sondern dessen wirtschaftliche Abhängigkeit. Seit Monaten werden ständig die Gas- und Energiepreise für Weißrussland erhöht. Nach groben Schätzungen verlor Weißrussland dabei etwa fünf Milliarden Euro. Eine daraus resultierende Wirtschafts- und Sozialkrise könnte zum Sturz von Lukaschenko führen.Die Demokratisierung Weißrusslands ist zudem seit Jahren eine Bedingung, von der die EU ihre finanzielle Hilfe für dieses Land abhängig macht. 2006 führte EU ein Einreiseverbot für über 40 weißrussische Politiker und Beamte ein, denen sie aktive Teilnahme an Wahlfälschung und Verstöße gegen die Menschenrechte vorwirft. Als weitere Sanktion gegen das Regime unterschrieb die EU auch kein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit Weißrussland. Deshalb müssen Weißrussen jetzt 60 Euro für ein Schengen-Visum bezahlen, fast doppelt soviel wie Ukrainer und Russen. Auch von der Europäischen Nachbarschaftspolitik darf Weißrussland (ENP) nicht profitieren. Obwohl es in dem Programm der ENP erwähnt wurde, verweigert ihm die EU eine finanzielle Unterstützung und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Als erste Geste Richtung Westen lud die zentrale Wahlkommission überraschend internationale Beobachter ein. Unter denen sollen sich sowohl Teilnehmer aus Westeuropa als auch aus der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten befinden.ENDE
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