Trinken erlaubt - solange kein Unfall passiert
Wenn das kein Grund zum Anstoßen ist: Seit Mitte Juni und damit gerade rechtzeitig zu Beginn der Urlaubssaison dürfen sich Autofahrer in Kroatien wieder ein Glas Wein oder ein Bier genehmigen, bevor sie sich ans Steuer setzen – zumindest theoretisch. Die Regierungsmehrheit im Sabor, dem kroatischen Parlament, hob die bislang geltende strikte 0,0-Promille-Regelung auf. Nun ist ein Blutalkohol-Gehalt von 0,5 Promille erlaubt, so wie in den meisten europäischen Staaten. Die kroatischen Weinbauern und Gastwirte, die in den letzten Jahren bereits den Untergang der einheimischen Weinkultur heraufbeschworen hatten, jubeln. Endlich darf ihre Auto fahrende Kundschaft wieder mit gutem Gewissen ein Glas „gemišt“ trinken, wie die Weinschorle im Adria-Staat genannt wird.
Doch die neue Regelung gilt nicht für alle gleichermaßen: Berufsfahrer und junge Autofahrer bis 24 Jahre müssen weiterhin vollkommen nüchtern bleiben. Und noch eine Besonderheit bringt das neue „Gesetz über die Sicherheit im Straßenverkehr“ mit sich: Wer eine beliebige Verkehrsregel missachtet und dabei bis 0,5 Promille Alkohol im Blut hat, dem wird das an sich erlaubte Glas „gemišt“ im Nachhinein dann doch zum Verhängnis. Denn in diesem Fall gilt er trotz allem als alkoholisiert und wird härter bestraft – auch wenn sein Fehlverhalten nichts mit dem Alkohol zu tun hat.
Die sozialdemokratische Opposition im Sabor will sich mit dieser Verordnung nicht abfinden und hat Anfang Juli Verfassungsklage gegen das neue Gesetz eingereicht. Der Staat könne doch nicht zuerst 0,5 Promille erlauben, aber dann den Fahrer dafür bestrafen, weil er gegen eine andere Regel verstoßen habe, ereiferte sich Ivo Josipović von der sozialdemokratischen Fraktion: „Demnach sind Sie also auf einmal betrunken, nur weil Sie kein Pannendreieck im Kofferraum haben.“ Dadurch würden die elementaren Rechte der Bürger verletzt, und es sei ein weiterer Griff in deren Geldbeutel, so die kroatischen Sozialdemokraten.
Die Opposition hat auch schon einen Namen gefunden für die in ihren Augen verfassungswidrige Verordnung im neuen Gesetz, sie nennt diese spöttisch „gemišt“. Es sei ein verwässerter Kompromiss zwischen der konservativen Partei HDZ von Regierungschef Ivo Sanader, die bei 0,0 Promille bleiben wollte, und ihrem Koalitionspartner, der Bauernpartei HSS, die auf der Erhöhung beharrte. Ob man nun zu den Liebhabern der Weinschorle gehört oder nicht, hält man sich in Kroatien ohnehin besser an die Verkehrsregeln. Denn seit Mitte Juni gilt nicht nur die „gemišt“-Verordnung, sondern es drohen auch viel höhere Bußen von bis zu einigen tausend Euro für gröbere Zuwiderhandlungen – und bei schweren Verkehrsdelikten sogar Haftstrafen.