Slowakei

Slowaken setzen auf private Altersvorsorge

Das halbjährige Experiment mit der zweiten Säule der Altersvorsorge ist gescheitert, frohlockte der frühere Finanzminister und Vater der Rentenreform in der Slowakei Ludovit Kanik. Bis Ende Juni hatten rund 1,5 Millionen Teilnehmer die Möglichkeit, aus der erst 2004 eingeführten verbindlichen privaten Altersvorsorge wieder auszusteigen. Ersten Schätzungen zufolge haben nur rund 82.000 Sparer davon Gebrauch gemacht. Weitere über 13.000 Sparer nutzten dagegen die Chance und meldeten sich für den zweiten Pfeiler an.

Seit Anfang 2004 gilt in der Slowakei anders als in Deutschland ein Drei-Säulen-Modell der Altersvorsorge. Neben der Pflichtabgabe von neun Prozent an die staatliche Rentenkasse Socialna poistovna (SP) bestand die Möglichkeit zu wählen, weitere neun Prozent an die staatliche Rentenkasse oder in einen der neu gegründeten Pensionsfonds anzulegen. Nach der einmaligen Wahl bestand danach keine Wechselmöglichkeit mehr. Für alle, die nach dem 31. Dezember 1986 geboren wurden, war die zweite Säule dagegen verbindlich. Eine dritte Säule besteht in der freiwilligen privaten Altersvorsorge, die staatlich gefördert wird.

In Deutschland fließen Abgaben zur Rentenversicherung komplett in die staatliche Versicherung. Außerdem gibt es die Riester-Rente, eine staatlich geförderten privaten Altersvorsorge, die der dritten Säule in der Slowakei entspricht.Die Regierung Robert Fico hatte seit ihrem Amtsantritt 2006 die Reform zunächst in Worten und später in Taten immer wieder torpediert. So wurde den nach 1986 Geborenen selbst überlassen, ob sie in den zweiten Pfeiler eintreten oder nicht. Die Entscheidung muss laut Reform innerhalb der ersten halben Jahres nach Antritt der ersten Beschäftigung fallen. Danach ist sie verbindlich. Auch erhöhte die Regierung die Zahl der Pflichtjahre in der zweiten Säule, um einen Rentenanspruch zu erhalten, von 10 auf 15. Dazu gab sie den Sparern, die bereits in der zweiten Säule registriert waren, ab Januar 2008 für ein halbes Jahr die Möglichkeit, ihre Entscheidung noch einmal zu revidieren. Gleichzeitig wurde die zweite Säule auch noch einmal für vor 1986 Geborene geöffnet, die bisher 18 Prozent ihres Gehalts nur an die staatliche Versicherung SP abführen. Ziel war, so viel wie möglich Sparer vom Austritt zu überzeugen, um der defizitären staatlichen Rentenversicherung unter die Arme zu greifen.

Für die Deckung der vorübergehenden Verluste der Rentenversicherung hatte die Vorgängerregierung die Verwendung der Privatisierungseinnahmen vorgesehen.Begleitet wurde die halbjährige Öffnung von einer massiven Kampagne der Regierung zum Austritt aus der zweiten Säule. So hatte Premier Robert Fico bei jeder Gelegenheit betont, dass sich die zweite Säule erst bei einem Gehalt von über 29.000 Kronen (970 Euro) und mindestens 20 Jahren Einzahldauer lohne. Regierungsbeamte wurden instruiert, die Bürger zu überzeugen, dass die zweite Säule unvorteilhaft sei. Die Zahlungsfähigkeit der staatlichen Rentenkasse garantiere dagegen die Regierung. In die gleiche Kerbe sollten die Bürgermeister der Regierungsparteien schlagen. Dazu gab es eine Info-Hotline und an jeden Haushalt wurden Infoblätter versandt.

Die Regierung rechtfertigte diesen Großeinsatz mit dem Argument, dass die Reform von der Vorgängerregierung durch eine einseitige Informationspolitik eingeführt wurde.Angesichts dieser Kampagne, kann sich das Ergebnis für die privaten Pensionsfonds sehen lassen. Mehr als 95% der Teilnehmer haben die Richtigkeit des Rentenmodells bestätigt. Premier Fico zeigte sich trotzdem mit den Ergebnissen der Öffnung zufrieden, machte aber zugleich die staatliche Versicherung verantwortlich, dass nicht noch mehr Sparer in den Hort der staatlichen Rente zurückgekehrt sind. Für die erfolglose Kommunikation der SP mit der Öffentlichkeit ließ Fico den Generaldirektor der SP, Ivan Bernátek, zum 1. August abberufen. Eine neuerliche Öffnung der zweiten Säule schloss Fico allerdings aus.


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