Tschechien

POKER UM POLITISCHE ALTHERRENRIEGE IN PRAG

Ex-Premier Zeman meldet Interesse am Präsidentenamt an/Klaus womöglich vor dritter Amtszeit(n-ost) – Das hatten sich die tschechischen Grünen etwas anders vorgestellt: als sie dieser Tage ganz allgemein vorschlugen, der Präsident des Landes sollte künftig nicht mehr vom Parlament, sondern direkt vom Volk gewählt werden, lösten sie ein für sie unerwartetes Echo aus.  Einer der früheren starken Männer des Landes, der sozialdemokratische Ex-Premier Milos Zeman, brachte sich aus seinem selbstgewählten Rentnersitz auf der böhmisch-mährischen Höhe selbst für das höchste Staatsamt ins Gespräch. Und die konservativen Bürgerdemokraten sinnieren plötzlich darüber, wie sie ihrem Ehrenvorsitzenden und amtierenden Präsidenten, Vaclav Klaus, zu einer – von der Verfassung nicht vorgesehenen – dritten Amtszeit verhelfen könnte. Mit den beiden Chefs der Prager Altherrenriege haben die Grünen überhaupt nichts am Hut.Die Ambitionen Zemans haben jedoch vor allem das Ziel, den Sozialdemokraten und ihrem derzeitigen Chef, Jiri Paroubek, zu schaden. Zeman hatte die Partei einst aus dem Nichts zur Regierungspartei gemacht. Die dankte es ihm nicht und ließ ihn im Kampf um das Präsidentenamt 2003 im Stich. Zeman behielt aber immer Einfluss auf Teile der Partei. Paroubek versuchte den Politrentner einzubinden, scheiterte jedoch am gewaltigen Ego Zemans. Im vergangenen Jahr überwarf sich Zeman endgültig mit Paroubek, als der seinen Ratschlag, nach den Parlamentswahlen in die Opposition zu gehen, nicht umgehend befolgte, sondern versuchte, eine eigene Koalition zustande zu bringen. Zeman trat aus der Partei aus und rechnete in mehreren Büchern mit seinen einstigen Weggefährten scharf ab. Zwei seiner engen Anhänger liefen nach erwähnten Wahlen – und wie man sagt, auf Geheiß Zemans - ins konservative Lager über; sie sichern ODS-Premier Mirek Topolanek eine hauchdünne Mehrheit im Parlament.  Jetzt haben einige besonders linke Genossen eine Art Fanclub für Zeman gegründet. Das ist genau das, was sich Zeman immer wünschte: Er möchte gebeten werden. Paroubek kann das Störfeuer Zemans überhaupt nicht gebrauchen. Das Land steht vor Kommunalwahlen und Teilwahlen zum Senat, der zweiten Parlamentskammer. Und dann stehen auch die Europawahlen an. Derzeit liegen die Sozialdemokraten in den Umfragen weit vorn, was aber vor allem auf den Unmut vieler Tschechen über die Reformpolitik der Konservativen zurückzuführen ist. Paroubek kommt zudem entgegen, dass sich innerhalb der konservativen ODS ein Flügel gebildet hat, der Premier Topolanek das Regieren immer schwerer macht. Die Gruppe um den Finanzexperten Vlastimil Tlusty verhindert beispielsweise hartnäckig das Gesetz zur Restitution des Kircheneigentums. In dieser wie auch anderen Fragen hat Topolanek schon keine Mehrheit mehr im Abgeordnetenhaus. Auch im Senat droht er die absolute Mehrheit seiner ODS zu verlieren. Kommentatoren schmunzeln bislang eher über die neuen Ambitionen Zemans. „Er versucht, auf einen Zug aufzuspringen, der längst abgefahren ist“, lästerte etwa die „Lidove noviny“. Gleichzeitig geben die Zeitungen Zeman aber regelmäßig großen Raum, um sich über alles und jeden zu äußern. Das mag damit zu tun haben, dass Zeman nach wie vor eine schillernde Figur ist, von deren Format es nur wenige in der tschechischen Politik gibt.Das sagen sich offenkundig auch mehrere Konservative, wenn sie an ihren Ehrenvorsitzenden Vaclav Klaus denken. Der hat gerade seine zweite Amtszeit begonnen. Diese wäre laut Verfassung auch seine letzte. Einige ODS-Leute wie der Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Petr Tluchor, hätte Klaus gern noch ein bisschen länger im Amt. Eine Direktwahl des Präsidenten, so Tluchor, würde bedeuten, dass man auch über die Befugnisse des ersten Mannes im Staat neu nachdenken müsse. Sollte der Präsident mehr Kompetenzen als jetzt bekommen, sollte Klaus für dieses „neue Amt“ auch neuerlich kandidieren können. Klaus selbst würde das ungemein schmeicheln. Er hat zwar wiederholt betont, dass Tschechien eine parlamentarische Demokratie sei und „kein Königreich“. Doch das war zu Zeiten seines präsidialen Vorgängers Vaclav Havel, der ihm zu viel in seine Regierungsgeschäfte reinredete . Wenn es um den Ausbau der eigenen Macht geht, dürfte Klaus weit weniger zimperlich sein. Nicht allen gefallen solche Planspiele. Der frühere christdemokratische Außenminister Cyril Svoboda etwa, der massiv für die Wiederwahl von Klaus eingetreten war, warnt jetzt: „Nicht einmal Putin in Russland hat es gewagt, die Verfassung so zu ändern, dass er dreimal hintereinander Präsident werden konnte.“ENDENachdruck und Weiterverwertung dieses Artikels sind kostenpflichtig. Informationen im n-ost-Büro unter (030) 259 32 83 - 0


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