BITTERES ENDE FÜR WITZIGE AMPELMÄNNCHEN
Wegen eines hübschen Scherzes soll ein tschechischer Aktionskünstler hinter Gitter (n-ost) – Irgendwie hatte David Brudnak wohl geahnt, dass das nicht sein Tag sein würde. Der junge Mann, der als Aktionskünstler den Künstlernamen Roman Tyc trägt (was sich mit „Romantiker“ übersetzen lässt), sollte am Mittwoch vor dem Gericht im siebten Prager Stadtbezirk erscheinen, schwänzte aber vorsichtshalber. Er war angeklagt, im April vergangenen Jahres in einer Nacht- und Nebelaktion 40 Ampeln in der Moldaustadt verfremdet zu haben. Der Staatsanwalt nannte das „Beschädigung fremden Eigentums“, forderte Schadensersatz und eine Geld-, ersatzweise Gefängnisstrafe. Mit seiner bösen Vorahnung sollte Brudnak Recht behalten. Der Richter verknackte ihn tatsächlich. Dabei waren die lustigen Ampelmännchen, die Brudnak erfunden hatte, vor Jahresfrist der große Lacher in Prag. Die Männchen standen oder gingen nicht mehr einfach so vor sich hin. Sie humpelten an Krücken, lehnten betrunken an einer Hauswand, führten den Liebling aller Tschechen – den Hund – an der Leine über die Straße oder – pfui Teufel – urinierten auf offener Straße. Die Prager amüsierten sich wie Bolle auf dem Milchwagen. Lange war nicht klar, wie Brudnak die Sache angestellt hatte. Mittlerweile ist sicher: Er hatte von einem Angestellten der Firma, die die Ampeln herstellt und aufstellt, 40 „normale“ Ampelgläser „unter der Hand“ gekauft und sie in seiner Werkstatt umgestaltet. Immerhin hat er die Gläser ordentlich bezahlt. Dass die Geschichte am Ende sehr viel teurer würde, hätte er damals nicht vermutet. „Wir Tschechen sind alle Schwejks, können uns nur so gegen das Unbill auf dieser Welt wehren“, lautet seine Maxime. Leider sind spätestens seit Mittwoch nicht mehr alle Tschechen Schwejks – die Verurteilung wirkt eher kafkaesk.Ende Januar noch hatte Brudnak eine Schwejk zugetane Richterin im nordböhmischen Trutnov (Trautenau) gefunden. Die sprach ihn und die übrigen Mitglieder der Aktionskünstlergruppe „Ztohoven“ in einem anderen Prozess frei. Die jungen Künstler hatten per Computeranimation im Live-Programm des Prager Frühstücksfernsehens eine Atombombe im Riesengebirge explodieren lassen. Natürlich nur als Animation. Sie wollten seinerzeit zeigen, wie leicht sich ein Massenmedium wie das Fernsehen manipulieren lasse. Die Richterin fand die Geschichte lustig und schmetterte den Antrag des humorlosen Staatsanwalts ab. Eben dieses Maß an Humor fehlte nun dem Richter des Gerichts in Prag 7.82.252 Kronen Schadenersatz und 60.000 Kronen Strafe (umgerechnet zusammen 5.700 Euro) soll Brudnak jetzt löhnen. Weigert er sich, soll er einen Monat im Gefängnis schmoren. Nun überlegt er gemeinsam mit seinem Anwalt, ob er in Berufung gehen und darauf vertrauen soll, dass der nächste Richter wieder mehr dem Schwejk zugeneigt ist. ENDENachdruck und Weiterverwertung dieses Artikels sind kostenpflichtig. Informationen im n-ost-Büro unter (030) 30 83 11 87