Arbeitsverbot für deutsche Stiftung
Weißrussland geht weiter auf Konfrontation gegen den Westen(n-ost) – Eiszeit im Frühjahr: Seit Ostern steuert Weißrusslands autoritär regierender Präsident Aleksandr Lukaschenko sein Land auf harten Konfrontationskurs gegen den Westen. In dieser Woche wurde der einzigen deutschen Stiftung in Minsk die Arbeit verboten. Das Büro der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung, das 1997 in der weißrussischen Hauptstadt Minsk öffnete, soll geschlossen werden. Durch „veränderte Bedingungen und behördliche Schritte“ sei die Schließung unausweichlich geworden, bedauert Büroleiter Stephan Chrobot.Zu den genauen Umständen will sich Chrobot hingegen nicht äußern. Er betonte jedoch, man sei mit der Arbeit noch nicht am Ende. Die Stiftung unterhalte eine Vielzahl guter Beziehungen zu belarussischen Persönlichkeiten und Institutionen in Staat und Gesellschaft. Diese sollten nicht leichtfertig aufgegeben werden: „Wir sind weiter um einen sachlichen Dialog bemüht“, so Chrobot. Dieser liege im Interesse des Landes. Im vergangenen Jahr organisierte die Stiftung unter anderem die Johannes-Rau-Gespräche in Minsk, bei denen als prominentester deutscher Redner Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck auftrat. Auch in diesem Sommer sollte es wieder Rau-Gespräche geben.Die Ebert-Stiftung ist derzeit die einzige in Weißrussland vertretene deutsche politische Stiftung. Andere, wie etwa die Konrad-Adenauer-Stiftung, bekamen von den Behörden keine Genehmigung für eine Vertretung. Nach zwei Absagen eröffnete die CDU-nahe Stiftung ihr Kontaktbüro im litauischen Vilnius – nur drei Autostunden von Minsk entfernt. Die Stiftung der Grünen, seit kurzem mit einer Außenstelle in der Ukraine vertreten, entwickelt derzeit noch eine Strategie zum Umgang mit Weißrussland. Auch die deutschen Liberalen befinden sich nach den Worten ihres Moskauer Büroleiters Falk Bomsdorf „noch in der Orientierungsphase“.Die Schließung des Ebert-Büros ist ein herber Rückschlag für die deutsch-belarussischen Beziehungen. „Ich hoffe, dass dadurch der für beide Seiten fruchtbare Dialog, zum Beispiel im Rahmen des Minsk-Forums, nicht zum Erliegen kommt“, sagte Rainer Lindner von der Stiftung Wissenschaft und Politik gegenüber n-ost. Lindner ist Vorsitzender des Minsk-Forums (www.minskforum.org), einer internationalen Konferenzreihe zu Themen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.Noch zu Beginn des Jahres hatte es so ausgesehen, als wolle sich Weißrussland gegenüber dem Westen öffnen. Im Februar ließ Staatschef Lukaschenko mehrere politische Gefangene frei. Kurz darauf erhielt die Europäische Kommission die Erlaubnis, in Minsk ein Büro zu eröffnen.
Doch schon Anfang März verschärfte Lukaschenko seine Gangart wieder. Streit gibt es vor allem mit den USA. Auslöser war die Entscheidung der Amerikaner, die Auslandskonten des vom Staat kontrollierten Ölverarbeitungsunternehmens Belneftechim einzufrieren. Als Grund wurde die schlechte Menschenrechtslage angeführt. Die USA setzen sich für die Freilassung prominenter Oppositioneller ein. Die Wirtschaftssanktionen treffen Weißrussland an einer empfindlichen Stelle. Die Preise für Gaslieferungen aus Russland sind stark gestiegen, Einnahmen aus der lukrativen Ölverarbeitung gingen verloren. Entsprechend harsch sind die Reaktionen. Minsk rief seinen Botschafter aus den USA zurück, die USA zogen ihrerseits ihre Botschafterin aus Weißrussland ab. Nachdem die Regierung in Minsk Spionagevorwürfe gegen die US-Vertretung erhoben hatte, wurde das Botschaftspersonal weiter ausgedünnt. Ein Ende der Eiszeit ist nicht in Sicht: Der weißrussische Außenminister Viktor Gaissenok sagte der russischen Nachtrichtenagentur Nowosti, Minsk fordere die „vollständige und bedingungslose Aufhebung“ der Sanktionen.
Der außenpolitische Konfrontationskurs geht einher mit der Verfolgung von Kritikern im Landesinnern. Die Behörden waren in den vergangenen Tagen mit Gewalt und Razzien gegen Lukaschenko-Gegner vorgegangen. Dutzende Menschen wurden verhaftet und in Eilverfahren zu Gefängnis- und Geldstrafen verurteilt. „Das Regime zeigt jetzt sein wahres Gesicht“, sagte der weißrussische Oppositionsführer Alexander Milinkewitsch der Financial Times Deutschland. „Aber es ist auch klar, dass sie Angst haben. Aggressivität ist immer ein Zeichen von Schwäche.“ Im September sind in Weißrussland Parlamentswahlen geplant.Stephan Chrobot von der Ebert-Stiftung setzt unterdessen auf Gespräche mit der weißrussischen Regierung, die in der zweiten Aprilhälfte geplant sind. Er hofft, die Arbeit seines mit drei Mitarbeitern besetzten Büros danach doch noch fortsetzen zu können.ENDENachdruck und Weiterverwertung dieses Artikels sind kostenpflichtig. Informationen im n-ost-Büro unter (030) 30 83 11 87