Kosovo

Serben fordern Boykott der EU-Mission

Mehrere tausend Serben versammelten sich am Montag im Norden der geteilten Stadt Mitrovica zu einer Protestkundgebung. Lautstark skandierten sie "Wir geben Kosovo nicht her" und "Kosovo ist die Seele Serbiens". Mit einer symbolischen Abstimmung erklärten die Versammelten die gestrige Unabhängigkeitsdeklaration aus Pristina für Null und Nichtig.

Marko Jaksic, Vorsitzender der Vereinigung der serbischen Gemeinden und Siedlungen im Kosovo, rief der Menge zu: "Wir werden nicht noch einen albanischen Staat auf dem Balkan dulden!" Solange Russland und Serbien existierten, werde es niemals ein unabhängiges Kosovo geben. Die Protestierenden antworteten mit "Russland, Russland"-Rufen und schwenkten serbische und russische Flaggen.

Auf dem Hauptplatz und in den Straßen und Geschäften Nord-Mitrovicas sind überall Plakate mit dem Porträt von Präsident Putin aufgeklebt. Von einer riesigen Werbetafel - übrig geblieben vom serbischen Präsidentschaftswahlkampf - überblickt der Ultranationalist Tomislav Nikolic die Szenerie. Er bekam in der Stichwahl vom 3. Februar fast drei Viertel der Stimmen im Nordkosovo, wo etwa ein Drittel der rund 120.000 im Kosovo verbliebenen Serben lebt.

Die bereits beschlossene EU-Rechtstaatsmission für das Kosovo mit über 1800 Polizisten, Staatsanwälten, Richtern und Zollbeamten bezeichnete Jaskic als illegal und rief dazu auf, die Mission vollständig zu boykottieren. "Wir werden sie nicht nach Nord-Mitrovica lassen, in kein einziges serbisches Haus. Vermeidet jeden Kontakt mit den Okkupatoren, auch wenn sie Euch Geld anbieten." Niemand dürfe ihnen einen Schlafplatz oder gar nur einen Tee offerieren.

Jaksics Gesinnungsgenossen meinen es offenbar ernst und sind bereit, auch mit Gewalt gegen die "Verräter" vorzugehen, die mit der EU zusammenarbeiten. Am Sonntag wurde auf das Haus, in das die Vertretung des EU-Sondergesandten in Nord-Mitrovica einziehen wollte, eine Handgranate geworfen, die aber nicht explodierte. Seitdem steht das Gebäude unter Polizeischutz. Die Einschüchterung, so scheint es, hat ihre Wirkung nicht verfehlt. Nach Angaben eines Anwohners hat der Hausbesitzer den Vertrag mit der EU-Mission mittlerweile gekündigt. Ein Sprecher des Vorbereitungsteams für den EU-Sonderbeauftragten bestätige: "Der Vermieter beabsichtigt, den Vertrag zu beenden." Das EU-Vorbereitungsteam werde aber weiter im Norden des Kosovo präsent bleiben.

Nach der Protestversammlung, die von der Nato-geführten KFOR-Truppe mit Hubschraubern überwacht wurde, bewegte sich die Menge hinunter zur Brücke über den Fluss Ibar, der Mitrovica in den serbischen Norden und den albanischen Süden trennt. Nur einige wenige Polizisten der kosovarischen Polizei KPS und ein paar internationale Kräfte der Uno-Polizei waren auf der Brücke postiert. Die Kosovo-Serben versuchten denn auch nicht, über die Brücke in den albanischen Teil vorzudringen, sie beließen es bei lauten "Kosovo-ist-Serbien"-Rufen auf die andere Seite hinüber. Alles blieb friedlich. Von der albanischen Flussseite gab es keinerlei Reaktionen auf die Demonstration.

Es scheint, dass sich die Organisatoren der Proteste mit den KPS-Polizisten - allesamt Kosovo-Serben und damit "ihre Leute" - abgesprochen haben. "Ja, wir arbeiten weiter in der kosovarischen Polizei mit", sagte einer der KPS-Polizisten. Ein russischer Uno-Polizist zeigte sich allerdings skeptischer: "Die Serben sind nach wie vor dabei - noch..." Schon seit Wochen gibt es Gerüchte, die Kosovo-Serben könnten sich nach einer Unabhängigkeitserklärung aus den gemeinsamen kosovarischen Institutionen, zu denen auch die Polizei gehört, zurückziehen.

Der Uno-Polizist aus Moskau ist nicht sicher, ob es in Zukunft bei friedlichen Demonstrationen wie jener von gestern bleiben wird. "Wir werden sehen - auf dem Balkan ist alles möglich", meinte er. Auch die Friedenstruppe KFOR scheint der momentanen Ruhe nicht zu trauen. Sie hat ihre Präsenz und die Anzahl an Checkpoints in und um Mitrovica sichtbar verstärkt. Bislang wurden keine größeren Zwischenfälle gemeldet.


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