Schwierige Wahl für Michail Saakaschwili
Am 5. Januar finden in der Kaukasusrepublik Georgien vorgezogene Präsidentschaftswahlen statt. Zu den sieben Bewerbern gehört auch Amtsinhaber Michail Saakaschwili. Der 2004 nach der legendären „Rosenrevolution“ noch mit 96 Prozent der Stimmen gewählte Präsident musste inzwischen wegen einer verfehlten Sozialpolitik und seines autoritären Regierungsstils schwere Popularitätseinbußen hinnehmen. Nach Meinung von Beobachtern steht das Land an einer Wegscheide. Wird es demokratische Wahlen geben oder geht das Land weiter in Richtung eines autoritären Regimes?
Am 7. November vergangenen Jahres ließ Saakaschwili eine Demonstration der Opposition gewaltsam auflösen und verhängte den Ausnahmezustand. Sicherheitskräfte verwüsteten den kritischen Fernsehsender Imedi. In Georgien drohe ein von Russland gesteuerter Umsturzversuch, behauptete der Präsident. Im Wahlkampf versuchte Saakaschwili nun, mit sozialen Themen zu punkten. „Georgien ohne Armut“ war sein Hauptslogan. Das Straßenbild in der georgischen Hauptstadt Tiflis dominieren Wahlplakate des Amtsinhabers. Michail Saakaschwili – auch „Mischa“ genannt – schüttelt Kinderhände und spricht mit Arbeitern. Die öffentlichen Autobusse in der Hauptstadt sind mit dem Groß-Porträt des Präsidenten und der georgischen Flagge bemalt. Von der Opposition ist auf den Straßen nur wenig zu sehen.
„Wir haben kein Recht, in den Medien aufzutreten. Die Werbetafeln sind für uns geschlossen“, meinte Prässidentschaftskandidat Lewan Gatschetschiladse gegenüber dem russischen Fernsehkanal NTW. Gatschetschiladse ist Kandidat der „Vereinigten Opposition“, einem Bündnis aus neun Parteien. Der Unternehmer gilt als „Weinkönig“ Georgiens. Gatschetschiladse will Georgien von der Präsidial-Republik zur Parlaments-Republik umformen. Zu seinem Team gehört auch die ehemalige Botschafterin Frankreichs in Tiflis und spätere georgische Außenministerin, Salome Surabischwili. 3,4 Millionen Wahlberechtigte sind am Sonnabend an die Urnen gerufen. Bereits am Sonntag sollen die vorläufigen Wahlergebnisse bekannt gegeben werden. Für den gleichen Tag hat das Oppositions-Bündnis von Lewan Gatschetschiladse zu einer Demonstration aufgerufen. Parallel zur Präsidentschaftswahl finden in Georgien zwei Referenden statt: über den Zeitpunkt der Parlamentswahlen sowie die weitere Nato-Integration Georgiens. Ein Nato-Beitritt ist jedoch solange unrealistisch, wie Georgien die Probleme mit seinen abtrünnigen Provinzen Süd-Ossetien und Abchasien nicht gelöst hat, mit denen es sich offiziell noch immer im Krieg befindet.
Beobachter halten es für unwahrscheinlich, dass Saakaschwili es bereits im ersten Wahlgang schafft, mehr als 50 Prozent der Stimmen zu erhalten. Wahrscheinlicher ist, dass sich der Amtsinhaber am 19. Januar mit „Weinkönig“ Gatschetschiladse in einer Stichwahl messen muss.
INFORMATION: Die Kandidaten bei der Präsidentenwahl am 5. Januar Michail Saakaschwili – amtierender Präsident, Kandidat der Präsidenten-Partei „Geeinte nationale Bewegung“Badri Patarkazischwili – georgischer MilliardärLewan Gatschetschiladse – Kandidat der „Vereinigten Opposition“ Schalwa Natelaschwili – „Arbeitspartei“David Gamkrelidse – „Neue Rechte“Georgi Maisaschwili – „Partei der Zukunft“Irina Sarischwili – Bewegung „Hoffnung”
Der schillerndste Kandidat bei der Präsidentenwahl ist Badri Patarkazischwili. Der weißhaarige Milliardär mit seinem riesigen Zwirbelbart ist in der Opposition wegen seiner Hinterzimmer-Kontakte zur Macht umstritten. Auch Patarkazischwili wirbt mit sozialen Geschenken. Mit einer Milliarde US-Dollar verspricht er Sozial-Programme zu finanzieren. Jeder Arbeitslose soll 50 Lari (31 US-Dollar) bekommen. Außerdem will der Milliardär die gesamte georgische Jahresernte an Zitrusfrüchten und Wein aufkaufen. Der russische Importstopp für georgischen Wein macht Georgien immer noch schwer zu schaffen.
Patarkazischwili hatte seine Kandidatur zunächst zurückgezogen, will nun aber doch kandidieren. Anlass für den vorläufigen Rückzug war ein von der georgischen Staatsanwaltschaft veröffentlichter Audio-Mitschnitt eines Treffens zwischen Patarkazischwili und einem hochrangigen Vertreter des georgischen Innenministeriums in London, bei dem der Milliardär dem Beamten 100 Millionen Dollar anbot, wenn er helfe, Innenminister Vano Merabischwili zu „neutralisieren“. Patarkazischwili bestätigte, dass er dem Beamten eine „große Geldsumme“ angeboten habe. Es sei ihm aber nur darum gegangen, Zusammenstöße auf der Straße zu vermeiden. Die Hinterzimmer-Politik von Patarkazischwili ähnelt dem Politik-Stil seines Freundes Boris Beresowski, dem nach London geflüchteten russischen Oligarchen. Beide wollen „das Regime“ stürzen, der eine in Russland, der andere in Georgien. Wähler und Parteien versuchen sie, sich je nach Bedarf zusammenkaufen.