Usbekistan

Karimow lässt sich wieder wählen

Der Gewinner der Präsidentenwahlen, die am kommenden Sonntag in Usbekistan stattfinden, steht schon fest: Präsident Islam Karimow, der seit 1990 ununterbrochen im Amt ist, wird sich nach dem Wahlgang erneut zum Sieger küren. Seine Amtszeit war eigentlich bereits vor fast einem Jahr, am 9. Januar 2007, abgelaufen. Mit demokratischen Spielregeln nimmt es der bald 70-jährige Karimow aber nicht so genau. Er tritt nun als Spitzenkandidat der Liberal-Demokratischen Partei Usbekistans und der Bewegung der Unternehmer und Geschäftsleute an. Kandidaten oppositioneller Parteien sind bei der Neuwahl nicht zugelassen. Alle Oppositionellen, die das Potenzial für eine Gegenkandidatur hätten, wurden außer Landes getrieben.

Zudem verlangt die usbekische Verfassung, dass ein Kandidat mindestens zehn Jahre vor einer Wahl im Land leben muss. Außer Karimow treten nur drei Politiker ihm nahe stehender Alibi-Parteien an: der Führer der Volks-Demokratischen Partei Usbekistans Asliddin Rustamow, die Vertreterin der Sozialdemokratischen Partei Usbekistans „Adolat“ Dilorom Taschmuchammedowa und der Leiter des Zentrums für Menschenrechte Usbekistans Akmol Saidow.

Karimow sprach in den letzten Tagen wiederholt von einem Tauwetter in den unterkühlten Beziehungen Taschkents zu Brüssel und Washington. Erneut versprach er der Weltöffentlichkeit, „demokratische Präsidentschaftswahlen im Land durchzuführen“. Im letzten Moment verzichtete allerdings das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) der OSZE darauf, die Wahlen in Usbekistan durch ein systematisches „Monitoring“ zu begleiten. „Die beobachteten politischen Prozesse in Usbekistan passen nicht zu einem fairen und effektiven Wettbewerb der Parteien. Grund ist die faktische Unterdrückung aller oppositionellen Kräfte und das Fehlen der kritischen Medien“, heißt es im OSZE-Bericht. Statt eines systematischen „Monitorings“ schickt die offenbar resignierte OSZE nur Wahlbeobachter aus zehn ausgewählten OSZE-Staaten. Islam Karimow nahm, wie die meisten Führer der benachbarten zentralasiatischen Republiken, schon zu Sowjetzeiten leitende Positionen in Usbekistan ein.

Als erster Sekretär der Kommunistischen Partei erklärte er sich 1990 zum Präsidenten des Landes, ohne sich einer Wahl zu stellen. Die erste Präsidentschaftswahl fand 1991 statt, Karimow ging daraus als gewählter Präsident hervor. Ein am 26. März 1995 durchgeführtes „Volksreferendum“ verlängerte die Präsidentschaft Karimows bis zum Jahre 2000. Nach einer Verfassungsänderung müssen seither alle sieben Jahre Präsidentschaftswahlen stattfinden. Am 9. Januar 2000 wurde Karimow für weitere sieben Jahre im Amt bestätigt. Das Grundgesetz Usbekistans sieht nur zwei Präsidentschaftsperioden vor. Auch damit nimmt es Karimow allerdings nicht so genau und tritt nun erneut an. Da hilft es der Opposition wenig, auf den Rechtsbruch hinzuweisen. Über die Jahre hat Karimow jede oppositionelle Regung in seinem Land hart bekämpft. Die Führer der wichtigsten oppositionellen Parteien „Erk“ (Der Wille) und „Birlik“ (Einheit) wurden entweder festgenommen oder mussten das Land verlassen.

Als im Februar 1999 mehrere Terroranschläge die Hauptstadt Taschkent erzittern ließen, machten die Behörden unter anderem auch die „Erk“-Partei dafür verantwortlich. Als Anhänger dieser Partei wurde auch der bekannte usbekische Schriftsteller Mamadali Mahmudow verhaftet und zu vierzehn Jahren Gefängnis verurteilt. Im Laufe der 90er Jahre bildeten sich im Land neue religiöse Bewegungen, von denen einige zum traditionellen, andere zum extremistischen Islam neigen. Nach ersten wirtschaftlichen Fortschritten Usbekistans Anfang der 90er Jahre kam es zu einer Wirtschaftskrise und zu einer schnellen Verarmung breiter Bevölkerungsschichten. Immer mehr Menschen wurden so in die Arme islamistischer Heilsprediger getrieben. Dies verstärkte auch den Konflikt zwischen den Demokraten und Karimow, der befürchtete, national-demokratische Kräfte könnten mit Hilfe der religiös orientierten Gruppierungen die Macht übernehmen.

In den letzten Jahren ist Usbekistan zunehmend ein Feld für terroristische Aktivitäten geworden. 1997 wurde von religiösen Eiferern, die Anfang der 90er Jahren vor den Milizen der usbekischen Regierung nach Afghanistan fliehen mussten, die „Islamische Bewegung Usbekistans“ gegründet. Diese Gruppierung verfolgt das Ziel, Usbekistan, wie auch andere Staaten Zentralasiens, unter Anwendung von Gewalt in einen Gottesstaat umzuwandeln. Im Gegensatz dazu ist die internationale islamistische Organisation „Hisb-ut-Tahrir“ eher eine politische Bewegung, obwohl auch sie das historische Kalifat wiederherzustellen möchte.

Weil Usbekistan aufgrund seiner geostrategischen Lage eine Schlüsselrolle zukommt, ist die usbekische Regierung beim „Kampf gegen den Terrorismus“ zu einem wichtigen Verbündeten des Westens geworden. Die USA und Russland haben gleichermaßen ein großes Interesse daran, die Region zu kontrollieren. Karimow konnte sich deshalb der Unterstützung durch die Großmächte erfreuen. Schließlich gelang es der usbekischen Regierung, die extremistischen islamistischen Organisationen aus dem Land zu jagen. Neben den Anhängern der Extremisten wurden dabei auch viele friedliche Muslime und zahlreiche Menschenrechtler festgenommen und ohne ordentliches Gerichtsverfahren ins Gefängnis gesperrt. In der Haft leben die Menschen unter unerträglichen Bedingungen. Von Folterungen und Nahrungsentzug wird berichtet.

Karimow verbot die Tätigkeit von Menschenrechtsorganisationen wie Freedom Haus und Human Rights Watch, die über unrechtmäßige Verfolgungen berichteten. Als am 13. Mai 2005 zahlreiche Anhänger der religiösen Organisation „Akromija“ bei einer friedlichen Demonstration in Andischan erschossen wurden, kam es zu weltweiten Protesten. Nach offiziellen Angaben wurden bei der Schießerei 187, nach den Berichten von Menschenrechtsorganisationen über 500 Menschen getötet. Bis heute sind EU-Sanktionen in Kraft, darunter Visa- Beschränkungen für hochrangige usbekische Beamte und ein Waffenverkaufsverbot für Taschkent, das sich weigerte, Ursachen und Folgen der gewaltsamen Übergriffe bei den Demonstrationen 2005 von internationalen Organisationen untersuchen zu lassen.

Die Forderung der USA nach einer internationalen Kommission zur Aufklärung der Vorgänge in Andischan beantwortete Karimow mit der Kündigung des Mietvertrags eines an der Grenze zu Afghanistan gelegenen US-Luftwaffenstützpunkts in Karschi-Chanabad. Seitdem hat sich Usbekistan wieder stärker an Russland orientiert, was dazu führte, dass Usbekistan Mitglied unter anderem in der Shanghai-Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) und der Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft wurde.

In den letzten Monaten haben sich die Beziehungen zwischen Taschkent und der EU teilweise wieder verbessert. Dies ist vor allem den Bemühungen des deutschen Außenministeriums zuzuschreiben, dessen Vertreter mehrmals zu Verhandlungen nach Zentralasien reisten. Deutschland betreibt im usbekischen Termez einen Militärflugplatz als Versorgungsbasis für die Truppen in Afghanistan. Die EU entschied im letzten Oktober, auch die Visa-Beschränkungen gegen Taschkent für sechs Monate auszusetzen. Usbekistan ist ein an Erdöl und Erdgas reiches Land, das die Begehrlichkeiten von EU und USA auf der einen Seite und von China und Russland auf der anderen Seite weckt. Wenn die Rohstoffe Usbekistans, Kasachstans und Turkmenistans über die Transkaspische Pipeline durch Aserbaidschan und die Türkei nach Europa befördert werden, kann das die Abhängigkeit Europas von russischen Energielieferungen vermindern. Moskau kämpft hingegen weiter darum, die zentralasiatischen Bodenschätze unter seiner Kontrolle zu behalten und sie teuer nach Europa zu verkaufen.

Die usbekische Opposition fürchtet, dass sich das Verhältnis zwischen Taschkent und dem Westen nach der Präsidentschaftswahl weiter verbessert. Auch die Sanktionen könnten dann aufgehoben werden, obwohl Karimows Methoden noch nicht demokratischer geworden sind.


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