Tschechien

Gegenkandiat für Vaclav Klaus

Der Prager Burgherr erhält mit Jan Svejnar harte Konkurrenz fürs Präsidentenamt  Die Wahl des künftigen tschechischen Präsidenten Anfang Februar verspricht spannend zu werden: Seit diesem Wochenende hat Amtsinhaber Vaclav Klaus (66) einen Gegenkandidaten, dessen Chancen nicht schlecht stehen: den 55-jährigen Wirtschaftsprofessor Jan Svejnar. Der parteilose Svejnar, der nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 1970 über die Schweiz in die USA emigriert war und sowohl die amerikanische als auch die tschechische Staatsbürgerschaft besitzt, kann fest mit den Stimmen der mitregierenden Grünen (SZ) und der oppositionellen Sozialdemokraten (CSSD) rechnen. Die ebenfalls mitregierenden Christdemokraten (KDU-CSL) sind geteilter Meinung; einige Abgeordnete stehen zu Klaus, andere zu Svejnar. Es gilt als denkbar, dass die christdemokratische Parteiführung jedem Abgeordneten die Wahl freistellen wird. Die oppositionellen Kommunisten wollen ihre Entscheidung erst unmittelbar vor der Wahl durch die beiden Häuser des Prager Parlaments treffen. Im ersten Wahlgang am 8. Februar, so kündigten sie an, würden sie aber alles tun, um eine Wiederwahl von Klaus zu verhindern. Vor fünf Jahren noch hatten einige Kommunisten Klaus ihre Stimme gegeben und so dessen Wahl als Nachfolger von Vaclav Havel gesichert. Klaus hatte im Gegenzug die Kommunisten aus ihrer Isolation geholt und hoffähig gemacht. Klaus wiederum kann bislang fest mit den Stimmen der von ihm einst gegründeten liberal-konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) rechnen. Die reichen aber für die Wiederwahl nicht aus. Wahlsieger wird der, der die Mehrheit der 200 Mitglieder des Unterhauses und der 81 Senatoren auf sich vereinigen kann. Die ODS verfügt nur über 122 Stimmen. Svejnar ist vor allem für die Sozialdemokraten ein Kompromisskandidat. Ursprünglich hatten sie auf den ersten Nachwende-Außenminister Jiri Dienstbier gesetzt, der jedoch keine Chancen gegen Klaus gehabt hätte. Svejnar betonte zwar am Wochenende vor den Gremien der Sozialdemokraten seine "tiefen sozialen Gefühle", im Grundsatz ist er allerdings ähnlich wie Klaus für die Reformen der ODS-geführten Regierung zum Umbau des Sozialstaates. Er plädiert im Gegensatz zu den Sozialdemokraten auch für die Errichtung der umstrittenen amerikanischen Radarstation in Tschechien, die Teil eines Anti-Raketenschirms werden soll. Dies ist vor allem für die Kommunisten ein Grund, an Svejnars Eignung zu zweifeln. Im krassen Gegensatz zu Klaus ist Svejnar ein eindeutiger Anhänger der EU. Zudem kann Svejnar Klaus auch auf dessen vermeintlichem Spezialgebiet, der Wirtschaftspolitik, Paroli bieten. Genau mit Blick darauf forderte er Klaus denn auch zu einem Fernsehduell auf. Klaus lehnt dies entschieden ab; mit der Begründung, dass schließlich nicht das Volk den Präsidenten wähle, sondern lediglich die Abgeordneten der beiden Parlamentskammern.Svejnar betonte am Wochenende, dass er anders als Klaus die Öffentlichkeit einigen statt polarisieren wolle. Klaus warf er vor, die Welt nur schwarz-weiß zu sehen und Leute mit anderer Meinung als Feinde abzustempeln. Damit müsse im Interesse auch des internationalen Ansehens Tschechiens Schluss gemacht werden. Die Folgen einer Wahl Svejnars für die Regierung sind unabsehbar. Die ODS hat ihren Koalitionspartnern, den Grünen und den Christdemokraten, wiederholt mit dem Ende der Zusammenarbeit gedroht, falls sie sich einer Wiederwahl von Klaus verschließen würden. Namentlich die Grünen wiesen das zurück. Die Wahl des Präsidenten sei nicht Bestandteil des Koalitionsvertrages.Klaus zieht derweil durch die Fraktionen des Parlaments, um Stimmung für seine Kandidatur zu sammeln. Bei den Christdemokraten warb er unter anderem mit dem Versprechen, einem Vertrag zwischen Tschechien und dem Vatikan über die Grundregeln für das Wirken der katholischen Kirche in Tschechien ebenso wenig sein Veto entgegenzustellen, wie einer Vereinbarung, die nach 18 Jahren endlich die Rückgabe des von den Kommunisten geraubten Kircheneigentums vorsieht. Kommentatoren spotteten, aus Klaus sei plötzlich ein "Freund der Kirche" geworden. Vor Jahren noch hatte er die Kirchen abschätzig auf eine Stufe mit dem Verband der Kleingärtner gestellt. Klaus weiß jedoch genau, was er tut: für die Christdemokraten haben Kirchenfragen absolute Priorität. Will er sie auf seine Seite für die Präsidentenwahl ziehen, muss er solche Kröten schlucken. Ob das am Ende hilft, bleibt abzuwarten.ENDE


Weitere Artikel