Polen

Kaczynski setzt auf Frauenquote

Sie erinnern eher an die Werbung eines großen Kosmetikkonzerns als an ein Wahlplakat: Wind in den Haaren, sexy Blick, die Hände auf die Hüfte gestützt. So präsentieren sich sieben junge, hübsche Kandidatinnen der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Jaroslaw Kaczynski. Nur wenige Tage vor den polnischen Parlamentswahlen hat er damit nicht nur Wähler und Wählerinnen, sondern auch die liberale Konkurrenz der Bürgerplattform (PO) überrascht: Denn bisher hat seine Partei einen eher angestaubten Eindruck gemacht.Beobachter glauben nun, dass die PiS die stärkste Konkurrenz und derzeitige Regierungspartei, die liberale Bürgerplattform (PO), mit ihren eigenen Waffen schlagen könnte. Denn der liberale Präsident Bronislaw Komorowski hatte gegen den Willen der PiS durchgesetzt, dass es bei diesen Parlamentswahlen zum ersten Mal eine Frauenquote geben soll: 35 Prozent der Kandidatinnen müssen Frauen sein.

Die PiS hat diese Forderung nun erfüllt – unter anderem mit den sogenannten Kaczynski-Engeln. Die jungen Kandidatinnen vertreten jedoch ganz andere politische Ziele, als sie den Initiatorinnen für eine Frauenquote vorschwebten: Magdalena Zuraw zum Beispiel will ein totales Abtreibungsverbot durchsetzen und radikalen Feminismus sowie Homosexualität bekämpfen. Die meisten von ihnen haben sich eine soziale und familienfreundliche Politik auf die Fahnen geschrieben: Mehr Krippen- und Kindergartenplätze, Programme gegen Gewalt in der Familie oder die finanzielle Absicherung von pflegenden Angehörigen.

Die Umfragewerte der PiS sind infolge der Wahlkampagne stark angestiegen. Doch viele Wähler bleiben auch skeptisch: „Ich bin für mehr junge Leute in der Politik. Wenn die Kandidatinnen kompetent und qualifiziert sind, habe ich nichts gegen sie“, sagt Jaroslaw Kownocki, Unternehmer und Familienvater. Die Kampagne dürfe aber kein Marketing-Trick werden. Kritischer äußert sich Passantin Grazyna Maliszewska beim Anblick der Plakate auf den Warschauer Straßen: „Frauen werden hier auf die Rolle des Hinguckers und hübschen Dekors reduziert.“ Die Plakate bestätigen die berufstätige Mutter in ihrer Ablehnung der Frauenquote: „Eine Frau sollte aufgrund ihrer Fähigkeiten in den Sejm kommen und nicht aufgrund eines Paragraphen“.

Obwohl die jungen Kandidatinnen im Mittelpunkt der Wahlkampagne der PiS stehen, dürften sie kaum Chancen haben, ins Parlament einzuziehen. Denn wie viele andere Kandidatinnen in der PiS haben auch Kaczynskis Engel hintere und damit chancenlose Listenplätze erhalten. Bei der PO dagegen sind ein wenig mehr Frauen auf den vorderen Listenplätzen vertreten. In allen Parteien mussten Frauen um gute Plätze kämpfen.

Bleibt die Frauenquote eine reine Formalität, wird sie den niedrigen Frauenanteil von 18 Prozent im polnischen Parlament nicht erhöhen. Zum Vergleich: Im Bundestag sind knapp 33 Prozent der Abgeordneten Frauen, im schwedischen Parlament sind es sogar 45 Prozent. Deshalb hält Malgorzata Fuszara, Vize-Direktorin des Instituts für angewandte Sozialwissenschaften in Warschau (ISP) das Reißverschlusssystem bei der Kandidatenaufstellung für sinnvoller: Eine Frau, ein Mann, eine Frau, ein Mann.

Sie erwartet mit Spannung die Ergebnisse der Wahlen am Sonntag: „Obwohl die Kampagne von manchen als sexistisch wahrgenommen wird, könnte sie paradoxerweise nicht-sexistische Folgen haben und doch einigen Frauen den Einzug ins Parlament ermöglichen.“

Die bekannte Feministin Magdalena Sroda sieht hinter der Wahlkampagne eine perfide Taktik. Sie bezieht sich auf den Satz von PiS-Kandidatin Magdalena Zuraw, der zufolge Frauen geschaffen seien, um männlichen Genies Zier und Stütze zu sein. „Frau Zuraw hat einen genialen Weg gewählt, um voranzukommen“, so Sroda. Sie lasse sich als wonniges, dummes Schaf wählen, das seinen Platz in der Herde kenne, aber nach den Wahlen komme dann der wahre Wolf aus ihr hervor.


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