Slowakei

Schlüssel zur Euro-Rettung

Auf den ersten Blick hatte der Abend der Abstimmung über den erweiterten Euro-Rettungsschirm am Dienstag in Bratislava nur Verlierer. Die anderen 16 Euro-Staaten müssen sich weiter gedulden, Anleger müssen mit weiteren Verlusten rechnen, die Griechen müssen zittern. Einen Sieger gab es dennoch: den Oppositionsführer Robert Fico. Er wird jetzt zum Schlüsselspieler an der Donau. Fico befürwortet die Euro-Rettung, stimmte aber am Dienstag bewusst nicht zu, weil er genau diese Schlüsselrolle anstrebte.

Bratislava/Prag (n-ost) –In der Slowakei hat Premierministerin Iveta Radicova nicht nur die Abstimmung über den erweiterten Euro-Rettungsschirm verloren, sondern zugleich ihr Amt, hatte sie doch das Votum mit der Vertrauensfrage verbunden. Ihr Gegenspieler, Parlamentspräsident Richard Sulik, hat sich in Brüssel den wenig schmeichelhaften Ruf eines Exoten erworben, wie er selbst einräumte.

Einen Sieger gab es dennoch: den Vorgänger Radicovas als Premier und jetzigen Oppositionsführer Robert Fico. Er ließ die über die Euro-Rettung zerstrittene Regierung ins offene Messer laufen und wird jetzt zum Schlüsselspieler an der Donau. Fico befürwortet die Euro-Rettung, stimmte aber am Dienstag bewusst nicht zu, weil er genau diese Schlüsselrolle anstrebte. Fico wollte die Regierung fallen sehen. Jetzt muss Radicova bei ihm zu Kreuze kriechen und ihn bitten, den Retter in der Not zu spielen. Bei einer zweiten Abstimmung vermutlich noch in dieser Woche soll Fico dem Rettungsschirm über die Hürden helfen. Inhaltlich wird er sich dem nicht verweigern. Der Rettungsschirm sei unerlässlich, betonte er nach der Abstimmung des Parlaments. Er fügte aber auch hinzu, dass der Ball im Feld Radicovas liege. Mit anderen Worten: Die Premierministerin, die ihren Job für den Rettungsschirm vergeblich geopfert hat, muss Fico ein Angebot machen, um ihn auch tatsächlich zum Ja zu bewegen.

Fico hat über seine Zukunft klare Vorstellungen. Am liebsten hätte er jetzt Neuwahlen, die er nach Lage der Dinge klar gewinnen würde. Neuwahlen sind aber nicht so schnell zu haben, deren Vorbereitung würde allein schon entsprechend der Verfassung Wochen oder Monate dauern.

Nach dem Sturz der Regierung kommt aber auch Präsident Ivan Gasparovic ins Spiel. Er muss formell den Rücktritt der Regierung Radicova annehmen und sie mit der vorläufigen Weiterführung der Geschäfte betrauen. Gleichzeitig muss der Präsident einen Politiker mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragen. Den Gepflogenheiten nach wäre das derjenige mit der stärksten Fraktion im Parlament – also der Sozialdemokrat Fico. Der hatte diese Aufgabe auch schon nach dem Wahlen im vergangenen Jahr, scheiterte aber daran, weil sich das bürgerliche Lager gegen ihn verbündete und in der Folge Radicova an der Spitze einer Viererkoalition die Mehrheit im Parlament bekam.

Die Suche Ficos nach Partnern für eine regierungsfähige Mehrheit dürfte im Moment aber auch nicht über Nacht von Erfolg gekrönt sein. Doch ist dies eigentlich notwendig, wartet doch schon am 23. Oktober der Brüsseler EU-Gipfel, bis zu dem auch in der Slowakei im zweiten Anlauf mit dem erweiterten Rettungsschirm alles in Tüten und Papier sein soll.

Angesichts des Zeitdrucks muss Fico sich wohl mit einem bloßen Versprechen Radicovas zufrieden geben, Neuwahlen nicht im Wege zu stehen. Ob das dem jetzigen Oppositionschef reicht, muss abgewartet werden. Er hat die Stimmen, auf die Radicova und deren verbliebene zwei andere europatreuen Koalitionspartner unbedingt angewiesen sind. Somit kann er auch den Preis hochtreiben.

Radicova wird jeden Preis zahlen. Auf ein Opfer mehr oder weniger kommt es für sie nach dem Märtyrertod, den sie für die Eurorettung gestorben ist, nun auch nicht mehr an.

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