Ungarn

Ungarns Wirtschaft schwächelt

Die ungarische Wirtschaft nimmt sich zurzeit wie eine lahme Ente aus: Das ungarische Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs im zweiten Quartal nur um 1,4 Prozent im Jahresvergleich. Dieser Wert blieb weit unter den Erwartungen der Wirtschaftsforscher, die ein Wachstum in der Höhe von 2,4 bis 2,6 Prozent prognostiziert hatten. Auch die pessimistischsten Vorhersagen lagen mit 1,8 Prozent über dem tatsächlichen Wert.Für das Gesamtjahr prognostizieren die Experten nun ein Wachstum von zwei bis 2,5 Prozent. Dies deckt sich auch mit den Erwartungen des ungarischen Finanzministeriums, das schon Anfang 2007 ein Jahreswachstum in Höhe von 2,2 Prozent vorhergesagt hatte. Zum Vergleich: In der Slowakei wird ein Wirtschaftswachstum von 8,5 Prozent, in Rumänien von 6,7 Prozent und in Polen von 6,1 Prozent erwartet.

Die Ursachen für das schleppende Wachstum der ungarischen Wirtschaft sind vielfältig. Hauptgrund sind die rigiden Sparmaßnahmen, die Ende 2006 sowie Anfang dieses Jahres von der linksliberalen Regierung unter Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány eingeleitet wurden.

Reallöhne gesunkenDieser ist darauf zurückzuführen, dass Ungarn im Vorjahr ein Haushaltsdefizit in Höhe von neun Prozent des BIP ausgewiesen hat - ein Negativrekord in der EU. Als Folge von Steuer- und Abgabenerhöhungen sind die Reallöhne in den ersten sechs Monaten um 6,4 Prozent gesunken. Dies zog eine Minderung des Inlandskonsums nach sich, was vor allem die Umsätze des ungarischen Kleinhandels schrumpfen ließ und das Wirtschaftswachstum zusätzlich dämpfte. Hinzu kommt der Rückgang staatlicher Investitionen, nicht zuletzt auf dem Bausektor. Laut dem Statistischen Zentralamt (KSH) fiel die Produktion allein im Bausektor in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um vier Prozent.

Der Rückgang ist insofern dramatisch, als staatliche Bauinvestitionen jahrelang Grundlage für ein relativ hohes Wachstum waren. Einen weiteren Auslöser für die gedämpfte Stimmung sieht die Ökonomin Éva Palócz im sinkenden Volumen staatlicher Dienstleistungen. Die Einschnitte und Rationalisierungen im Gesundheits- und Bildungswesen sowie in der öffentlichen Verwaltung seien massiv zu Lasten der Wirtschaftsleistung gegangen. Palócz weist darauf hin, dass die staatlichen Dienstleistungen ein Viertel des ungarischen BIP ausmachen.

Neben dem niedrigen Wirtschaftswachstum gibt auch die hohe Inflationsrate Anlass zur Sorge. Laut dem jüngsten Bericht von Eurostat lag die Inflation in Ungarn 2006 bei 7,5 Prozent. Unter den 27 Mitgliedstaaten der EU war das Tempo der Geldentwertung in Ungarn damit am höchsten.

Höhere NahrungsmittelpreiseIm Juli 2007 lag die Inflation sogar bei 8,3 Prozent. Das hohe Inflationsniveau in Ungarn dürfte in den kommenden Monaten anhalten. Der Grund: Wegen der diesjährigen Frost- und Dürreschäden in der Landwirtschaft wird es bei einzelnen Grundnahrungsmitteln massive Preiserhöhungen geben.


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