Dalmatien wird Katastrophengebiet
Urlauber werden sich im kroatischen Dalmatien die Augen reiben: Vom 21. bis 24. Mai findet dort die Übung "IDASSA 2007". Einige Dörfer in der Umgebung von Zadar und strategisch wichtige Punkte wie Bahnhöfe, Flug- und Seehäfen verwandeln sich dazu in ein einziges Katastrophengebiet. 1200 Teilnehmer aus insgesamt 44 Staaten - alle entweder NATO-Mitglied- oder Partnerstaaten - werden erwartet. Es ist die größte Katastrophenschutz-Übung des Euro-Atlantischen Zentrums für Krisenreaktion (EADRCC), das seit 1998 von der NATO koordiniert wird und auch mit der UNO zusammenarbeitet. Die Gründung des Zentrums geht auf einen russischen Vorschlag zurück, erweitert wurde es insbesondere nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 in New York.
Geprobt werden soll die reibungslose Zusammenarbeit von Kontingenten aus verschiedenen Staaten im Notfall. Die Aktion wird unter anderem auch als Vorbereitung für mögliche Einsätze bei der Fußball-Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz gesehen. Deutschland beteiligt sich mit Ausrüstung, aus Österreich reisen Feuerwehreinheiten mehrere Bundesländer an, die von den Johannitern unterstützt werden.
Davor Bozinovic, Leiter der kroatischen NATO-Mission in Brüssels, glaubt, zusammen mit vielen anderen Regierungsmitgliedern, dass die Übungen auch dazu dienen werden, die Anti-NATO-Stimmung im Land zu kippen. Momentan sind weniger als 40 Prozent der Bevölkerung für einen Beitritt Kroatiens in die NATO. Ein Grund für diese extrem ausgeprägte Skepsis ist die Befürchtung, dass eine NATO-Mitgliedschaft, Kroatien in unangenehme Situationen bringen könnte, wie zum Beispiel, eine Teilnahme an militärischen Einsätzen der USA im Irak. "IDASSA 2007" soll beweisen, dass die NATO auch der zivilen Bevölkerung im Notfall wichtige Dienste leistet. Damit hofft man, den Ängsten und dem Misstrauen der kroatischen Bevölkerung entgegen wirken zu können.
Um möglichst realitätsnahe Ergebnisse zu erzielen, kennen die Teilnehmer lediglich einige allgemeine Angaben zu den geplanten Übungsszenarien. Einzelheiten über die jeweiligen Aufgaben gelten als streng geheim.
Der Direktor des kroatischen Katastrophenschutzes, Damir Trut, ist mit der Leitung der Übungen beauftragt. Er verrät immerhin, dass es um Erdbeben-Szenarien und andere Naturkatastrophen, sowie verschiedene Arten von Terroranschlägen geht. Bisher ist über den allgemeinen Plan lediglich bekannt, dass in dem Ort Biograd ein Lager aufgebaut wird, wo die Betreuung von Katastrophenopfer simuliert werden soll. In Bokanjec soll es um Erdbebenopfer gehen, die etwa aus eingestürzten Gebäuden geborgen und in schwierigem Gelände abtransportiert werden müssen. In der Umgebung von und direkt am Flughafen der Stadt Zadar soll es um verschiedene Arten von Terroranschlägen gehen - vor allem um Anschläge mit ABC-Waffen. Im Industriegebiet von Zadar geht es Brandbekämpfung, verschiedene Dekontaminationsaufgaben sowie um Such- und Rettungsübungen durchführen. Schließlich soll am Bahnhof von Bibinje eine Eisenbahnkatastrophe simuliert werden.
Am 24. Mai, dem letzten Tag der Übungen, werden die Ergebnisse der NATO-Leitung, den Organisationen des Bevölkerungs- und Katastrophenschutzes sowie der allgemeinen Bevölkerung präsentiert. Die Kosten von "IDASSA 2007" werden auf mindestens 400 Millionen Euro geschätzt. Die Hälfte dieses Betrages wird die kroatische Regierung tragen. Die andere Hälfte die NATO. Trut, Leiter der Operation, erklärt, dass jede Delegation ihre eigene Anreise sowie die eigene Unterkunft finanzieren müsse.