Kroatien

Neonazi-Propaganda an kroatischen Kiosken

"Vecernji list”, die Zeitung mit der höchsten Auflage in Kroatien, bietet seit dem 27. März die DVD mit dem Titel „Unternehmen Barbarossa – Der Krieg im Osten“ zum Verkauf an. „Vecernji list“ gehört dem österreichischen Verlagshaus Styria. Bei dem Film handelt es sich um ein bekanntes Werk neonazistischer Propaganda des selbsternannten „nationalen Revolutionärs“ Karl Höffkes. Die Hauptthese des Films: Hitlers Truppen hätten die Sowjetunion im Jahre 1941 angegriffen, um die Welt vor dem Bolschewismus zu retten, und um die Juden zu befreien, die unter dem Terrorregime Stalins verfolgt wurden.
     
Im Film wird beispielsweise behauptet, SS-Truppen hätten ihre Lebensmittelreserven mit Juden geteilt, die am verhungern waren. Der Film verschweigt, dass Deutschland auch Polen angegriffen hatte.
     
Die DVD wird in der Werbung als „eine neue Sicht der Weltgeschichte” angepriesen. Der Historiker Tvrtko Jkovina von der Philosophischen Fakultät der Universität Zagreb vermutet dagegen, dass es sich bei dem Film um ein Remake des von Goebbels im Jahre 1944 produzierten bekannten Propagandafilms mit dem gleichen Namen handelt.
     
„Ich weiß nicht, was zurzeit in diesem Land los ist”, kommentiert der kroatische Präsident, Stjepan Mesić, den Vorfall in einer Presseerklärung. „Es muss aber jegliche Art von neonazistischem, geschichtlichem Revisionismus unterbunden werden, der unseren Weg in die EU gefährden könnte.“
     
Nach einer ganzen Serie von rechtsradikalen und nazistischen Ausschreitungen in kroatischen Fußballstadien in den vergangenen Monaten fürchtet Efraim Zuroff, Direktor des Simon Wiesenthal Zentrums in Jerusalem, ein Erstarken des kroatischen Antisemitismus. Auf dem Gebiet der Kroaten, die im Zweiten Weltkrieg mehrheitlich auf Seiten Hilter-Deutschlands standen, wurde die jüdische Gemeinde fast vollständig vernichtet. In einer offiziellen Erklärung nennt Zuroff die DVD eine schwere Brüskierung der Opfer der Nazis. Er fordert die kroatische Regierung, insbesondere das Kultusministerium auf, die DVD umgehend vom Markt zu nehmen.
     
Der Marketingleiter der Zeitung, „Vecernji list”, Benjamin Cerovac, hält dagegen die DVD für unproblematisch. Jeglicher Druck von Seiten der Regierung sei als Angriff auf die Meinungs- und Pressefreiheit zu bewerten.


Weitere Artikel