Slowenien

Der Klapprechner mit dem Apfel-Zeichen

„We are rich and we better love it” – wegen dieser Überschrift wurde die  slowenische Wirtschaftszeitung „Finance” jetzt zu einer Geldstrafe von 845 Euro verdonnert. Chefredakteur Peter Frankl, der zudem aus eigener Tasche noch mal 334 Euro zahlen soll, kann sich stattdessen auch noch für 30 Tage Haft entscheiden. Derzeit denke man intensiv über die Alternativen nach, ließ die Redaktion Medienberichten zufolge verlauten.

Der Mann, der hinter der Verurteilung steckt, heißt Ivan Pal und ist slowenischer Medieninspektor. Dass Pal sich gegenüber „Finance” wie ein Sprach-Inquisitor gebärdet, liegt dabei nicht etwa am Unterschichten gegenüber eher unfreundlichen Sinn der Überschrift, sondern an der ausgedehnten Verwendung von Anglizismen. Das Sprachgesetz des kleinen Adriastaates mit nur zwei Millionen Einwohnern ist streng: Es sieht seit nunmehr drei Jahren eine Verbannung fremdsprachlicher Wörter aus dem öffentlichen Leben vor. Ausnahme bleiben Gebiete mit nationalen Minderheiten, hier dürfen selbst Medien entsprechend auf Italienisch oder Ungarisch erscheinen.

Die restriktive Gesetzgebung geht allerdings noch einen Schritt weiter und fordert sogar die Abschaffung fremdsprachlicher Firmennamen: Demnach dürfte der Computerhersteller „Apple” in Slowenien nur noch „Jabloko”-Geräte verkaufen, die nationale Fluggesellschaft Adria Airways müsste sich vermutlich in „Jadran letalska druzba” umtaufen lassen und der Ölkonzern Petrol sollte sich nach fast sechs Jahrzehnten nach einem neuen Namen umsehen. „Petrolej” oder - noch eine Spur slowenischer -  „Gorivo”, schlägt die Tageszeitung „Delo” vor. Bislang wurde das Sprachengesetz nicht konsequent angewandt. Sie kenne noch kein Unternehmen, das sich deswegen umbenannt hätte, sagt Spela Stare, Generalsekretärin des Slowenischen Journalistenverbandes. Der Fall „Finance” sei ein Novum. Das Gesetz sei jedoch klar und müsse entsprechend geachtet werden. 


Deutsche Sprachschützer träumen von Slowenien

In Deutschland kann der Verein Deutsche Sprache (VDS) aus Dortmund von derart strikten Regeln derzeit nur träumen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf ist erst im November 2006 im Bundestag gescheitert. Analog zu Slowenien oder Frankreich würde der Verein den Schutz der deutschen Sprache gerne im Grundgesetz verankert sehen und die zunehmende Anglisierung des Deutschen am liebsten jetzt und für immer stoppen. Wer offline ist, sei eben „vom Netz”. Und wer online ist, entsprechend „im Netz”. Dazu benötige man einen „Klapprechner”, so der Vorschlag des Vereins als deutsche Variante für Laptop und Notebook. Und Autofahrer könnten sich künftig auf das „Prallkissen” verlassen, das den Airbag ablösen soll - wenn es nach dem VDS ginge. Es zeuge von geistiger Trägheit, für immer neue Dinge einfach nur Fertigwörter aus der amerikanischen Leitsprache nachzuplappern, heißt es in einer Erklärung.

Politische Unterstützung erhält der Verein aus dem konservativen Lager. Die CDU-Politikerin Erika Steinbach, die gerne wieder zum „Schlussverkauf” statt zum „Sale” übergehen würde, weist darauf hin, dass fast ein Drittel aller Deutschen des Englischen überhaupt nicht mächtig seien. Ein übermäßiger Fremdwörtergebrauch würde diese Menschen folglich ausgrenzen, zitiert die Zeitschrift „Deutsche Sprachwelt” Steinbach. Die politische Linke macht sich darüber eher lustig. Künftig müsste dann auch die Sauna, die ja finnischen Ursprungs sei, als „Schwitzkasten” bezeichnet werden und Linkspartei-Vorsitzender Oskar Lafontaine müsste seinen französischen Namen entsprechend als „Spritzbrunnen” oder „Quelle” angeben, stichelte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Petra Pau.


Donald Duck bald im Gefängnis?

Das slowenische Sprachgesetz ist indessen europaweit kein Einzelfall. Bereits die alten Römer achteten darauf, dass ihr Latein von griechischen Entlehnungen unbehelligt blieb. Franzosen arbeiten heute im Büro nicht an einem Computer, sondern am „ordinateur”. Mindestens genauso bedacht auf ihre Sprache sind die Kroaten, die sich bis vor wenigen Jahren das „Serbokroatische” als Amtssprache mit Serben, Slowenen und den übrigen Völkern des ehemaligen Jugoslawien teilen mussten. Dass Serbisch und Kroatisch als zwei Variäteten einer Standardsprache gelten und 95 Prozent des Wortguts identisch sind, hört in Kroatien heute niemand so gerne.

In den neunziger Jahren, als sich der junge Staat erst formierte, wollte man sich um jeden Preis distanzieren: „helikopter”, ein international gebräuchliches Wort, galt auf einmal als serbisch. Prompt wurde „zrakomlat” daraus. Wörtlich: „eine Maschine, die die Luft umherwirbelt”. Und aus dem global verständlichen „telegram” wurde ein „brzojav”, also ein „Schnellmelder”. In der sprachpuristischen Mottenkiste verschwunden ist auch Pajo Patak, wie Donald Duck im ehemaligen Jugoslawien hieß. Pajo gelte als serbischer Name, so die Argumente der kroatischen Sprachpuristen, die die Comicfigur zwischenzeitlich in Pashko Patak umbenannt haben. Donald Duck und „Finance”-Chefredakteur Frankl – vielleicht treffen sie sich ja als gemeinsame Sprach-Opfer eines Tages in einer slowenischen Gefängniszelle wieder.


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