Bosnien-Herzegowina

Hoher Repräsentant soll in Bosnien bleiben

Das mit weitreichenden Vollmachten ausgestattete Büro des Hohen Repräsentanten (OHR) in Bosnien-Herzegowina soll aufgrund der gegenwärtigen Lage im Westbalkan nicht wie geplant am 30. Juni geschlossen werden. Dies schlug der Hohe Repräsentant Christian Schwarz-Schilling gestern (23.01.) in Sarajewo vor.Christian Schwarz-Schilling ging nicht im Detail auf die Hintergründe für seinen Vorschlag ein. Er sagte lediglich, dass er aufgrund der Situation in der Region und in Bosnien-Herzegowina zum Schluss gekommen sei, "dass die 'Bonn Powers' und das OHR weiter bestehen sollten". Zudem habe er Bundeskanzlerin Angela Merkel darüber informiert, dass er sein Mandat nicht über den 30. Juni hinaus verlängern wolle, erklärte der 76-jährige ehemalige deutsche Postminister weiter, der vor einem Jahr sein Amt in Sarajewo angetreten hatte.

Schwarz-Schilling mit dem deutschen Aussenminister Steinmeier. Foto: Norbert RütscheSchwarz-Schillings Entschluss, sich für die Weiterführung des OHR einzusetzen, dürfte vor allem mit der Anspannung vor der Entscheidung über den künftigen Status des Kosovo zusammenhängen. Milorad Dodik, Regierungschef der Serbischen Republik, hatte in letzter Zeit immer wieder laut über ein Referendum zur Abspaltung der Serbischen Republik vom Gesamtstaat Bosnien-Herzegowina nachgedacht. Wenn das Kosovo unabhängig werde, dann könne die Serbische Republik dasselbe Recht auch für sich geltend machen, so der Tenor.Zudem ist in Serbien nach der Parlamentswahl vom Sonntag mit einer schwierigen und langwierigen Regierungsbildung zu rechnen, was sich destabilisierend auf die gesamte Region auswirken könnte. Auch Bosnien-Herzegowina steht nach dem Wahlen im Oktober 2006 noch immer ohne neue Regierung da.

Deren Einsetzung unter der Leitung von Nikola Spiric - dem ersten bosnischen Serben als Ministerpräsidenten - steht allerdings kurz bevor. Im Streit um die von der EU geforderten Verfassungsreform und die Schaffung einer einheitlichen Polizeiorganisation zeichnet sich aber keine Lösung ab.Der Hohe Repräsentant ist seit 1995 für die Überwachung der zivilen Aspekte des Dayton-Friedensabkommens für Bosnien-Herzegowina zuständig. Dazu stehen ihm seit 1997 als "Bonn Powers" bezeichnete Vollmachten zur Verfügung, mit denen er zum Beispiel Gesetze erlassen oder Amtsträger abzusetzen kann.Die endgültige Entscheidung über das Weiterbestehen des OHR trifft Ende Februar der so genannte Friedensimplementierungsrat (PIC). Dieses Gremium aus 55 Staaten und internationalen Organisationen ist für die Umsetzung des Dayton-Friedensabkommens und damit auch für das OHR verantwortlich. Eigentlich war geplant gewesen, das OHR Mitte 2007 zu schließen und durch eine verstärkte Vertretung der Europäischen Union zu ersetzen. Die "Bonn Powers" wären gemäß diesem Vorhaben dann weggefallen.

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