Ende der Eiszeit
Fast vier Stunden musste am Dienstag der russische Botschafter mit einem Auto aus Armeniens Hauptstadt Jerewan zu seinem Dienstsitz nach Tiflis reisen, weil der Flugverkehr zwischen Georgien und Russland seit fast vier Monaten eingestellt ist. Überraschend hatte der russische Präsident Wladimir Putin zuvor verkündet, den im Oktober abgezogenen Botschafter Wjatscheslaw Kowalenko wieder nach Tiflis zu entsenden. Als nächstes wird auch eine Wiederherstellung der Verkehrs- und Postverbindung zwischen beiden Ländern zu erwarten, schreiben russische Medien.
Die Dauerkrise in den Beziehungen zwischen Georgien und Russland eskalierte im September 2006, als russische Offiziere in Tiflis unter Spionageverdacht festgenommen worden waren. Nach internationaler Vermittlung wurden sie wieder freigelassen. "Die Rückkehr des russischen Botschafters nach Georgien ist nun der erste Schritt zur Wiederherstellung normaler Bedingungen zwischen den beiden Ländern", sagt der georgische Politologe und Russland-Experte Ramaz Sakvarelidze.
Wie die einflussreiche russische Zeitschrift "Kommersant" in einem Leitartikel schrieb, kam der Kreml zu dem Entschluss, dass die im Oktober 2006 verfügten Sanktionen "nicht die erwartete Wirkung haben und eher Georgiens Abhängigkeit von Russland verringerten." Andererseits, schrieb das Blatt, "wurden die Positionen der pro-russischen Politiker in Georgien untergraben, während die Unterstützung der NATO-Beitrittspläne Georgiens in der Bevölkerung wesentlich gewachsen ist."
So ist es auch nicht überraschend, dass die Neuentsendung des russischen Botschafters nach Tiflis von georgischen Medien und von der Bevölkerung als ein Sieg des jungen georgischen Präsidenten Michail Saakaschwili bejubelt wird. "Saakaschwilis Popularität ist unheimlich gewachsen während der Krise", sagt eine georgische Journalistin, "und sein pro-westlicher Kurs wird von der Bevölkerung wie noch nie unterstützt."Die Georgier rechnen ihrem Präsidenten hoch an, dass er es geschafft hat, das wichtigste Problem - die Energieversorgung des Landes - durch entsprechende Abkommen mit Aserbaidschan und der Türkei zu mildern. "Ungeachtet der Sanktionen und der Tatsache, dass Georgien jetzt den doppelten Gaspreis zahlt, gab es weder Strom- oder Gasausfälle noch wurden die Gaspreise für die Bevölkerung erhöht", sagt der Geschäftsmann Zaza Abashidze. "Die Georgier haben gesehen dass wir eine starke Regierung haben, die ihre Position nicht so einfach aufgibt und die gleichzeitig um ihre Leute sorgen kann."
Angespannte Beziehungen
Das Verhältnis zwischen Georgien und Russland ist seit der friedlichen Rosen-Revolution im Dezember 2003 gespannt. Nach dem Umsturz des dem Kreml gegenüber loyalen Präsidenten Eduard Schewardnadse gelangte Saakaschwili an die Macht, der eine Aufnahme seines Landes in die NATO und eine Anbindung an die EU erreichen will.Zu den Maßnahmen, die Russland gegenüber Georgien anwandte, gehörten die Erhöhung des Gaspreises, die Einführung der Visa-Pflicht für Georgier, Einfuhrverbote für georgische Weine und Mineralwasser, sowie Post- und Verkehrsblockaden. In Moskau weitete die Polizei ihre Aktionen gegen georgische Geschäfte, Restaurants und Unternehmen aus, und angeblich illegal in Russland lebende Georgier wurden wie Vieh in Frachtmaschinen nach Tiflis deportiert.Jetzt nach der Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen hafft man in Georgien, dass auch diese Sanktionen langsam abgeschafft werden.