Mazedonien

Picasso im kalten Keller

Die riesigen Schimmelflecken auf dem Boden des Museums für zeitgenössische Kunst sind nicht etwa eine Installation von Joseph Beuys, sondern völlig unerwünscht. Zakharinka Aleksoska-Baceva, Kuratorin des Museums in der mazedonischen Hauptstadt Skopje schüttelt entsetzt mit dem Kopf. An mehreren Stellen tropft das Wasser von der Decke herunter. Dem Museum fehlt das Geld um die Reparatur durchzuführen, und so fristet die beeindruckende Kunstsammlung seit dreizehn Jahren ein Dasein im Magazin des Museums."

Unser Museum wurde unmittelbar nach dem verheerenden Erdbeben in Skopje 1963 errichtet", erzählt Aleksoska-Baceva. "Um der zerstörten Hauptstadt zu helfen, spendeten damals 61 Länder rund 3000 Werke der zeitgenössischen Kunst. Zu unserer Sammlung gehören weltbekannte Künstler wie Pablo Picasso, Vasarely, Hartung, Sol LeWitt, Georg Baselitz, Jasper Johns, David Hockney und viele viele andere."Einst Zeugnis der Solidarität mit der zerstörten Stadt, sieht das Museum heute geradezu gespenstisch aus. Nur in einem Raum im Erdgeschoß finden von Zeit zu Zeit kleinere temporäre Ausstellungen statt, die oft als Projekte der in Mazedonien ansässigen ausländischen Kulturinstitutionen veranstaltet werden.

Viele Museen in Mazedonien sind verwahrlost. / Marina von König, n-ost 

"Museen bekommen leider sehr wenig Geld", sagt Kuratorin Aleksoska-Baceva, "und oft werden die vorgesehenen Budgetmittel falsch verteilt. Bis jetzt wurden vom Staat hauptsächlich Präsentationen finanziert, das heißt, Ausstellungen hier und im Ausland, Reisen und schöne Kataloge. Doch für das Wichtigste, nämlich Einkauf und Restaurierung, haben wir nur sehr wenig Geld."Alle mazedonischen Museen sind von Finanzproblemen geplagt.

So stehen zum Beispiel im Nationalmuseum 400 wertvolle und zum Teil restaurierungsbedürftige Ikonen in einem Magazin, das ständig unter Wasserschäden leidet. Rund Hundert andere Ikonen sind in einem Raum ausgestellt, der für mehrere Jahre, je nach Wetter, entweder unterkühlt oder überhitzt war. Eine von der EU finanzierte spezielle Klimaanlage hat wenig genützt - nach einem Dachschaden stand mitten im Raum ein Plastikkübel, um so das tropfende Wasser von der undichten Decke aufzufangen.

Geldmangel ist jedoch nicht das einzige Problem, glaubt Katerina Bogoeva, Kulturredakteurin der mazedonischen Zeitung Utrinski Vesnik. "Dass es wenig Geld in Mazedonien gibt ist eine Tatsache", sagt sie. "Aber darüber hinaus gibt es keinerlei moderne Managementstrategie. Es gelten noch die gleichen Arbeitsmethoden wie im alten System und das Geld wird für unnötige Zwecke ausgegeben. Wenn, zum Beispiel, eine Ausstellung ins Ausland geschickt wird, fahren viel mehr Leute mit als notwendig."

Zahlreiche Versuche sind mittlerweile unternommen worden, um das Museumsmanagement auf  einen modernen Stand zu bringen. Einer Anfrage des mazedonischen Kulturministeriums folgend, holte vor zwei Jahren die von George Soros finanzierte Open Society Foundation mehrere renommierte Experten aus weltweit bekannten Museumseinrichtungen nach Mazedonien. Die erstellten Gutachten und umfangreichen Vorschläge verschwanden zum Großteil in den Archiven.


Die Regierung bleibt trotz des desolaten Zustandes der Museen untätig. / Marina von König, n-ost

Während das Kulturministerium die frühere Regierung für die Probleme verantwortlich macht, glaubt die Europäische Kommission, dass die Probleme an der inkonsequenten Personalpolitik in den jeweiligen Institutionen liegen. Um das junge EU-Kandidatenland für die Mitgliedschaft fit zu machen, finanziert die EU das Training von Beamten aus allen Bereichen des öffentlichen Dienstes."Wir haben viele Projekte im Kulturbereich implementiert, entweder zur Stärkung kultureller Institutionen oder um in konkreten Bereichen Hilfe zu leisten", erzählt Nafi Saracini von der Delegation der Europäischen Kommission in Mazedonien.

"Leider musste diese Unterstützung jedoch eingestellt werden, da die meisten leitenden Stellen in Kulturinstitutionen politisch besetzt werden. Oft werden Posten an Leute verteilt, die mit Kultur nur sehr wenig am Hut haben. Und da es in Mazedonien oft zum politischen Machtwechsel kommt, sind all die Menschen die von der EU geschult wurden wieder ausgewechselt worden.

"So wurden seit den Parlamentswahlen im Sommer dieses Jahres hunderte von Beamten auf neue Posten versetzt. Allein das Mazedonische Nationalmuseum erlebte in den letzten sieben Jahren schon fünf Direktoren. Dass am Ende doch die Politik eine entscheidende und verhängnisvolle Rolle spielt, beweist auch das neue Regierungsprogramm im Kulturbereich. Acht Millionen Euro werden in diesem Jahr für Kultur zur Verfügung gestellt - die höchste Summe die es je gegeben hat, laut Kulturministerium. Doch der Großteil dieser Mittel ist bereits verplant, für den Bau eines Museums zu Ehren der regierenden konservativen Partei.

Was das Gebäude des Museums für die Zeitgenössische Kunst angeht, so braucht sich die neue Regierung keine Sorgen mehr zu machen, sagt der Pressesprecher des Kulturministeriums. Die italienische Regierung hat nämlich jetzt für die Reparatur rund 300.000 Euro bereitgestellt. So werden die berühmten Werke wohl bald wieder zur Schau gestellt werden können. Und das Dach wird hoffentlich halten, zumindest bis zum nächsten Regierungswechsel.


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