Polnische Kirchenaffäre belastet Papst Bendedikt
Kritik an Vatikan wegen Schlingerkurs in Geheimdienstaffäre um Bischof Wielgus Letzte Woche war bekannt geworden, dass Wielgus zwischen 1973 und 1980 mit dem polnischen Geheimdienst SB kooperiert hatte. Der 67-Jährige bestritt bis zuletzt Kontakte mit dem Geheimdienst und räumte diese erst nach der Veröffentlichung von Beweismaterial am Freitag vergangener Woche ein – kurz nach der formellen Ernennung zum Erzbischof von Warschau. Dennoch hielt er noch am Samstag an der Entscheidung fest, die Erzdiözese leiten zu wollen, entschuldigte sich aber in einer Erklärung zugleich erstmals für seine Verfehlungen.
Wielgus war ausdrücklicher Wunschkandidat von Benedikt XVI. gewesen. Am Sonntag erklärte Wielgus dann während der feierlichen Messe anlässlich seiner Amtseinführung: „Nach einer tiefgreifenden Reflexion und Einschätzung meiner Situation lege ich meinen Amtsverzicht in die Hände des Heiligen Vaters.“
Während sich die polnischen Medien auf die innenpolitische Tragweite der Geheimdienstaffäre konzentrieren und die Predigt des noch amtierenden Primas Jozef Glemp zu Gunsten von Wielgus diskutieren, richtet sich der Medienfokus in anderen europäischen Ländern auf die Rolle des Vatikans. So bezeichnete der Schweizer Tagesanzeiger die Ernennung Wielgus' durch den Vatikan und den späten Rückzieher des Heiligen Stuhls als einen „Fauxpas“, den zweiten großen Fehler Benedikts XVI. nach seiner umstrittenen Regensburger Rede zum Islam. Der britische Independent sprach etwas milder von einer „Verlegenheit“, in die der Skandal den Vatikan gebracht habe.
Die Gründe für den Schlingerkurs des Papstes sind bislang unklar. Unter Berufung auf Quellen aus dem Vatikan berichtete die polnische Tageszeitung Gazeta Wyborcza am Montag auf ihrem Onlineportal, der Papst habe als letzter über die Enthüllungen rund um Wielgus erfahren. Die wichtigsten Sachverhalte seien ihm gar bewusst vorenthalten worden, worüber er „äußerst genervt“ gewesen sein soll. Der Vatikan hatte den Rücktritt von Wielgus offiziell als „angemessene Lösung“ gewertet, so Sprecher Federico Lombardi am Sonntag in einer Mitteilung an Radio Vatikan.
Laut polnischen Medienberichten und unter Berufung auf enge Kirchenkreise hatte es in der Nacht zum Sonntag dreiseitige Gespräche zwischen polnischer Regierung, dem Episkopat sowie dem Vatikan gegeben. Kommentatoren werteten Wielgus' Rückzug mehrheitlich als das Ergebnis dieser Gespräche. Unterdessen trat am Montag ein weiterer krichlicher Würdenträger in Krakau zurück. Polnischen Fernsehberichten zufolge ist auch er Mitarbeiter des Geheimdienstes gewesen. Ebenfalls gestern berichtete der ehemalige Pressesprecher von Papst Johannes Paul II. Joaquin Navarro-Valls, dass auch der Vorgänger Benedikts XVI vom polnischen Geheimdienst zur Mitarbeit angehalten worden sei. Er hätte aber widerstanden, indem er die Sicherheitskräfte in langwierige Gespräche verwickelt hätte. Der Geheimdienst hätte ihn schließlich als „nicht gefährlich“ eingestuft, sagte Navarro-Valls der italienischen Tageszeitung La Republica. *** Ende ***-----------------------------------------------------------
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