Zwischen Korruption und Wirtschaftsboom
Es ist kein Leichtgewicht, was sich da zu den 25 Altmitgliedern gesellt. Mit 22 Millionen Menschen wird Rumänien die siebtgrößte Nation der EU sein. Die hohe Einwohnerzahl beschert dem Land auch 14 gewichtige Stimmen im Ministerrat. Zwar sind Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien mit ihren 29 Stimmen weit überlegen. Aber Rumänien wird bei wichtigen Entscheidungen mehr mitreden dürfen als die alteingesessenen Niederländer und Belgier zum Beispiel – und als die Beitrittskandidaten der Erweiterungsrunde 2004, mit Ausnahme Polens. Als Mitgift kann Rumänien einen großen Markt anbieten. Die Wirtschaft wächst jährlich um etwa sechs Prozent, Deutschland exportierte 2006 Waren im Wert von mehr als vier Milliarden Euro nach Rumänien: Das sichert auch deutsche Arbeitsplätze. „Das Potenzial ist längst nicht ausgeschöpft“, sagt der deutsche Botschafter Roland Lohkamp, „mit dem EU-Beitritt wird der oft als wild bezeichnete rumänische Wettbewerb in geregelte Bahnen gelenkt“.Freude schöner Götterfunken. Unter den Klängen von Beethovens Europa-Hymne wird in der Nacht zum 1. Januar in Bukarest die EU-Flagge gehisst. Foto: Andreas Metz
Rumänien bringt auch eine neue Amtsprache in die EU, neue Richter an den Europäischen Gerichtshof und stellt mit Leonard Orban erstmals einen Kommissar für Sprachenvielfalt. Kritiker frotzeln, Orban sei mit einem „Hausmeisterposten“ abgespeist worden – der Mann war bisher Chefunterhändler Rumäniens in den Beitrittsgesprächen. Europa öffnet seine Türen nicht mit einem herzlichen Willkommen. 15 Mitgliedsstaaten verschließen ihre Arbeitsmärkte vorläufig für Rumänen, Deutschland bis mindestens Ende 2008. Die Zuwanderung müsse begrenzt werden, um die Arbeitslosigkeit zu reduzieren, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Weitere Restriktionen: Rumänien darf kein Schweinefleisch in die EU ausführen, Agrarfonds werden nur dann vollständig ausgezahlt, wenn die Aufsichtsbehörden lückenlos kontrollieren.Und natürlich: die Korruption. Zwar hat die rumänische Justizministerin Monica Macovei im Eiltempo das Rechtssystem umgekrempelt, aber die Reformen müssen auch umgesetzt werden. Im Korruptionsindex von Transparency International arbeitet sich Rumänien jährlich um wenige Plätze in Richtung saubere Politik – und rangiert dennoch in den 80er-Rängen. Die EU fordert nun transparente Gerichtsverfahren und unnachgiebigen Kampf gegen Filz in Spitzen- wie Lokalpolitik gleichermaßen. Macht Rumänien nicht genug Fortschritte, will Brüssel Sanktionen verhängen. Schlimmstenfalls würde der Geldhahn zugedreht: Bis 2013 sollen mehr als 30 Milliarden Euro EU-Fördermittel nach Rumänien fließen. Einen pompösen Empfang wird es für die Neuen in der europäischen Familie nicht geben. Während zur Erweiterung 2004 ein Gipfeltreffen in Dublin ausgerichtet wurde, feiert Rumänien allein in Bukarest. Zur Jahreswende wird im ganzen Land die Europäische Flagge gehisst und um Mitternacht ertönt die „Ode an die Freude“, geblasen auf Panflöten. Außenminister Frank-Walter Steinmeier wird als Vertreter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft dabei sein, Erweiterungskommissar Olli Rehn kommt – die Liste europäischer A-Politprominenz ist kurz. Als wichtiger ausländischer Gast – dies vielleicht ein Omen für zukünftige EU-Erweiterungsrunden - wird die Sängerin Ruslana angekündigt. Die Ukrainerin hatte einst den Eurovision Songcontest mit einem wilden Auftritt gewonnen – nun singt sie, wenn die Europa-Uhr auf dem Universitätsplatz abgelaufen sein wird.