Zank um slowenische Euro-Münzen
Der Streit war da, noch bevor die erste slowenische Euromünze die finnische Prägeanstalt, die Mint of Finland, verlassen hat. Slowenien hatte im Herbst vorigen Jahres stolz die neuen Münzmotive vorgestellt, die ab 1. Januar 2007 in Umlauf sein werden. Acht unterschiedliche Motive, wie es sonst nur in Italien, Griechenland und Österreich der Fall ist.
Doch statt Lob hagelte es Proteste aus der nördlichen Nachbarrepublik, die sich gleich über zwei Motive empörte. Zum einen wurden Stimmen aus Österreich laut, dass die beiden Lipizzaner auf der slowenischen 20-Eurocent-Münze eigentlich ein österreichisches Nationalsymbol seien, das bereits die 5-Schilling-Münzen geziert hatte. Schon bald erinnerte man sich jedoch daran, dass das Zuchtgestüt der berühmten Pferderasse sich ja im südslowenischen Lipice befinde, der traditionelle Dressurort unterdessen an der Spanischen Hofreitschule in Wien.
Stein des Anstoßes
Zum buchstäblichen Stein des Anstoßes wurde aber der Fürstenstein, der auf den slowenischen 2-Eurocent-Münzen abgebildet ist. Das österreichische Bundesland Kärnten beansprucht den Stein als zentrales Symbol seiner Landesgeschichte. Die Entscheidung für das Motiv war im Rahmen eines EU-Ausschusses ohne Gegenstimme gefallen. Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider hatte im Anschluß daran beklagt, dass es nicht angehe, dass die EU über Symbole ihrer Mitgliedsstaaten verfügen dürfe.
Es handle sich dabei um einen „Akt der Provokation”, sagte Haider im Vorjahr. Sogar von der „Vermittlung unterschwelliger territorialer Ansprüche” war in einer Pressemitteilung aus Klagenfurt die Rede. Der Politiker forderte die slowenische Regierung darauf hin mehrfach auf, in der Sache sensibler zu agieren und Kärnten nicht vor den Kopf zu stoßen, vor dem Hintergrund verstärkter Bemühungen um eine regionale Zusammenarbeit.
EU hat Fürstenstein genehmigt
Diese ist allerdings ohnehin schon getrübt, durch den so genannten Ortstafel-Streit, bei dem Haider die zweisprachigen Schilder in Kärntner Orten mit slowenischer Minderheit ein Dorn im Auge sind. Slowenien habe alles ignoriert und damit einen „unfreundlichen Weg” gewählt, der sicher nicht positiv sei. Das könne man nur mit Bedauern feststellen, sagte Stefan Petzner, Sprecher von Landeshauptmann Haider, gegenüber dieser Zeitung. Das Informationsbüro der slowenischen Regierung verweist unterdessen darauf, dass der Fürstenstein von Seiten der Europäischen Union genehmigt worden sei. Daher habe weder Österreich noch ein anderes Land die rechtliche Grundlage, eine Änderung der nationalen Prägung der slowenischen Euromünzen zu fordern.
Ein Blick auf die Rückseite der acht neuen Euromünzen macht deutlich, mit welchen Nationalsymbolen sich der junge Adriastaat identifiziert: Der Storch auf der 1-Cent-Münze ist bis heute vielerorts im überwiegend ländlich geprägten Slowenien anzutreffen. Der Sämann, nach einem Gemälde von Ivan Grohar, streut auf der Rückseite des 5-Cent-Stücks insgesamt 13 Sterne aus, in Anlehnung an die künftige Zahl der Mitgliedsländer der Eurozone. Der nie verwirklichte Parlamentsentwurf des Architekten Joze Plecnik, der das Stadtbild von Ljubljana wie kaum ein anderer prägte, wurde auf der 10-Cent-Münze verewigt. Dem höchsten Berg des Landes, dem Triglav, der zugleich Nationalsymbol des jungen Staates ist, wurde die 50-Cent-Münze gewidmet. Über dem Bergwipfel ist das Sternbild des Krebses abgebildet. An den Begründer des slowenischen Schrifttums, Primoz Trubar, der auch in Tübingen wirkte, erinnert die 1-Euro-Münze. Und der bekannteste slowenische Dichter, France Preseren, dessen Strophe aus der „Zdravljica” (Trinklied) zur heutigen Nationalhymne auserkoren wurde, gelangt nun auf der Rückseite der 2-Euro-Münze zu neuen Ehren.
Slowenischer Historiker unterstützt Kritiker
Der Fürstenstein gilt unterdessen als einzigartiges Rechtsdenkmal Kärntens, das bei der Einsetzung der Herzöge im frühmittelalterlichen Karantanien von Bedeutung war. Es handelt sich dabei um ein römisch-ionisches Säulenfragment, auf dessen Sitzfläche das Landeswappen eingemeißelt ist. Auf dem Stein musste der künftige Herrscher freien Edlingsbauern in slawischer Volkssprache Rede und Antwort stehen. Durch das Ritual bei der Amtseinführung sollte die Abhängigkeit des Herzogs vom Volk aufgezeigt werden.
Kärnten kritisiert allerdings, dass das historische Karantanien keine geografischen Überlappungen mit dem heutigen Staatsgebiet der Republik Slowenien aufweise. Dies wird von der slowenischen Geschichtsschreibung auch nicht abgestritten, allerdings bezieht man sich in Ljubljana auf die kulturellen und sprachlichen Verbindungen zum historischen Karantanien: Dort sei immerhin ein Vorläufer des modernen Slowenisch verbreitet gewesen. Unterstützung bekommt Kärnten durch einen der führenden slowenischen Historiker, Bogo Grafenauer. Dieser hatte bereits 1991 verkündet, dass auf dem Fürstenstein jener die Macht erhalten habe, der in Kärnten geherrscht habe. „Wir wissen, das die Südgrenze jenes Gebietes, in dem die slowenischen Fürsten herrschten, auf den Karawanken war”, sagte Grafenauer damals. Der Fürstenstein sei daher ein Symbol Kärntens, seine Verwendung auf einem Zahlungsmittel Sloweniens „unpassend”, so die Worte des Historikers, auf die sich Kärnten nun erneut beruft.
Schon zum zweiten Mal Streit über Stein
War Grafenauer ein Prophet, der den Lauf der Dinge voraussehen konnte? Keineswegs, denn der Zank um den Fürstenstein spaltete die Gemüter in Österreich und Slowenien bereits 1991. Damals hatte Slowenien den Stein auf die provisorischen „Bons” gedruckt, eine Behelfswährung, die den jugoslawischen Dinar nach der Unabhängigkeitserklärung des Landes ersetzen sollte. Prompt verabschiedete der Kärntner Landtag eine Resolution, in der die Verwendung auf Geldscheinen der Republik Slowenien entschieden abgelehnt wurde. Das Ganze sei eine „Störung der guten nachbarschaftlichen Beziehungen” hieß es bereits damals. Slowenien lenkte ein und ließ den Plan fallen, den Fürstenstein auf die neue Währung, den Tolar, drucken zu lassen.
Jahrhunderte lang hatte der Fürstenstein einen Dornröschenschlaf unter freiem Himmel geführt. Zunächst in Privatbesitz, wurde er 1862 vom Kärntner Geschichtsverein erworben. Dieser ließ ihn im Großen Wappensaal des Landhauses in Klagenfurt aufstellen, wo die Kärntner Regierung ihren Sitz hat. Ab 1905 konnte der Stein schließlich ein Jahrhundert lang im Klagenfurter Landesmuseum besichtigt werden. Mit der Euromünz-Debatte im Herbst vorigen Jahres erinnerte man sich erneut an das Nationalsymbol und ließ es prompt wieder im Landhaus aufstellen, wo der Stein 100 Jahre zuvor entfernt worden war. Zunächst im Foyer, schließlich im Großen Wappensaal. Damit erhalte der Stein zusätzliche Symbolkraft, weil er an jenen Ort komme, wo die legislativen Entscheidungen des Landes getroffen werden, teilte das Pressebüro des Bundeslandes Kärnten mit. Der österreichische ORF drehte zudem eine Dokumentation über den historischen Stein. Und nicht zuletzt profitieren derzeit findige Klagenfurter Geschäftsleute von der Popularität des Symbols: Sie ließen eine Fürstenstein-Schokolade entwerfen, auf deren Verpackung Leckermäuler über den Stein informiert werden.