Rumänische Regierung bricht auseinander
Konservative steigen aus Bündnis aus – Präsident Basescu will Neuwahlen
Bukarest (n-ost) – Vier Wochen vor dem EU-Beitritt ist in Rumänien die Regierungskoalition zerbrochen. Die Konservativen (PC) stiegen am Sonntagabend aus dem Vier-Parteien-Bündnis aus, Wirtschaftsminister Ioan-Codrut Seres trat zurück. Mehrmals seit Beginn der Mitte-Rechts-Allianz vor zwei Jahren hatten die Konservativen damit gedroht, die Regierung zu verlassen, weil sie mit Gesetzesvorhaben kein Gehör fanden. Zum Bruch kam es nun unmittelbar vor der Abstimmung über den Haushalt 2007: Die Konservativen wollten die Mehrwertsteuer für Lebensmittel von 19 auf 9 Prozent senken. Der Vorschlag fiel im Parlament jedoch durch. Nutznießer der Regierungskrise ist vor allem Traian Basescu. Obwohl der rumänische Präsident, wie Horst Köhler in Deutschland, zu parteipolitischer Neutralität verpflichtet ist, ergreift Basescu seit Monaten ungeniert Partei für die Demokraten (PD) in der Koalition. Er will Neuwahlen, da die PD in den Umfragen derzeit blendend dasteht – zum turnusmäßigen Wahltermin in zwei Jahren könnte dieses Hoch bereits verflogen sein. Vorgezogene Wahlen würden den Demokraten auch die Gelegenheit geben, den von Basescu ungeliebten nationalliberalen Premierminister Calin Popescu Tariceanu (PNL) aus dem Amt zu drängen. Demokraten und Nationalliberale diskutieren derzeit aber noch gemeinsam, wie sie mit einer Minderheitenregierung handlungsfähig bleiben könnten. Umstritten ist, welche Partei den frei gewordenen Posten des Wirtschaftsministers besetzen darf. Als Kompromiss wurde vorgeschlagen, das Ressort dem ehemals vierten Partner der Koalition, der Partei der ungarischen Minderheit (UDMR), zu überlassen.
Die Führungsspitze der Konservativen war in den vergangenen Wochen stark unter Druck geraten. Die Staatsanwaltschaft untersucht, in welchem Maße Wirtschaftsminister Seres in mögliche Ungereimtheiten bei Privatisierungen im Energiesektor involviert ist. PC-Chef Dan Voiculescu, dessen Familie mit rund 500 Millionen Dollar Vermögen zu den fünf reichsten Rumäniens gehört, wurde kritisiert, weil er sich gegen einen Gesetzesentwurf zur Beschlagnahmung illegal erworbenen Kapitals aussprach.
Rumäniens EU-Beitritt ist durch die Regierungskrise nicht gefährdet. Die Verhandlungen sind abgeschlossen, die Parlamente aller EU-Mitgliedsstaaten haben den Beitritt ratifiziert. „Wir haben jedoch die Verpflichtung, politische Stabilität zu gewährleisten“, sagte Premier Tariceanu. Ende-------------------------------------------------------
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