Gigi Becali und die Falschmeldung von der Penisverlängerung
Steaua Bukarests Präsident gehört zu den schillerndsten Club-Besitzern Europas/ Posse vor dem Champions League-Rückspiel gegen Real Madrid
Bukarest (n-ost) – Dass Präsidenten von Fußball-Vereinen mindestens ebenso schillernd sein können, wie die Stars ihrer Mannschaften und dass osteuropäische Oligarchen hier eine Hauptrolle spielen, weiß man spätestens seit Roman Abramowitschs milliardenschwerem Engagement beim FC Chelsea. Auch Gigi Becali, steinreicher und exzentrischer Patron des rumänischen Rekordfußballmeisters Steaua Bukarest, ist stets für Schlagzeilen gut. Aber was da vergangene Woche durch die deutschen Nachrichtenkanäle tickerte, glich dem Kindergeburtstagsspiel Stille Post.„Entlassung nach Penisverlängerung“ meldet der Sportinformationsdienst sid. Steaua-Eigentümer George Becali, in Rumänien nennt ihn jeder Gigi, soll kurz vor dem Champions League-Rückspiel gegen Real Madrid am (morgigen) Mittwoch einen Mitarbeiter des Vereins fristlos gefeuert haben, weil der, nun ja, sein Gemächt etwas mächtiger machen lies – selbst im fernen Rumänien ein arbeitsrechtlich eher fragwürdiger Kündigungsgrund. Das kam sozusagen am Ende der Flüsterkette an, die von rumänischen über spanische bis in deutsche Redaktionen reichte. Was war wirklich passiert? Becali, auch Politiker der rumänischen Partei Noua Generaţie, die sich selbst gern mit dem Attribut christdemokratisch versieht, hatte erfahren, dass ein Parteikollege ganz unchristlich sein Geschlechtsteil verlängern lies. Sein Kommentar: „Gott hat manche mit einem Längeren, manche mit einem Kürzeren geschaffen.“ Der Genosse mit dem jetzt Längeren zog jedenfalls den Kürzeren und wurde aus der Partei verstoßen. Mit dem Fußballclub Steaua und dem Real-Spiel hatte das aber rein gar nichts zu tun.Aber selbst die Falschmeldung passt eben ins Bild des Paradiesvogels Becali. Er erwägt, bei den Europawahlen und den nächsten Präsidentschaftswahlen zu kandidieren. Viele Rumänen würden ihm sogar ihre Stimme geben. Der 48-Jährige will sein Land nur zu gern in ein zweites Amerika verwandeln. Wie George W. Bush ist er strenggläubiger Christ, wenn auch auf eine andere Art: Er hat Leonardo Da Vincis berühmtes „Abendmahl“ kopieren lassen, Jesus trägt nun seine Gesichtszüge. Außerdem spendiert Becali gerade mehrere Millionen Euro für pompöse orthodoxe Kirchenneubauten – eine Kirche pro Uefa-Cup-Runde hatte er versprochen; Steaua war im vergangenen Jahr erst im Halbfinale am FC Middlesborough gescheitert. Seine Eskapaden kann sich der 48-Jährige locker leisten. Das Vermögen des siebtreichsten Rumänen beträgt etwa 450 Millionen Dollar. Es soll aus zweifelhaften Grundstücksgeschäften mit dem Militär stammen. Der Sohn eines Bauern lässt sich heute in einem Maybach kutschieren und bewohnt eine riesige Villa in Bukarests Nobelviertel Pipera. Becali ist ein Star. Da passt es, dass Steaua „Stern“ bedeutet. 1947 als Fußballclub der rumänischen Armee gegründet, spielen bei den Rotblauen heute die bestbezahlten Kicker des Landes. Als Hymne singen die Fans im Stadion ausgerechnet eine musikalische Kreation – Lied sollte man es nicht nennen – der deutschen Technoband Scooter. Und sie zündeten ergriffen ihre Stadionzeitungen an nach dem Sieg gegen Standard Lüttich und dem ersten Einzug in die Champions League-Gruppenphase seit zehn Jahren – die Atmosphäre im Stadion voller Fackeln hatte etwas Erhabenes, wenngleich die Aktion kreuzgefährlich war. Am Mittwoch geht es nun wieder gegen Real Madrid. Vielleicht ahnt Gigi Becali, dass es nach der 4:1 Niederlage im Hinspiel auch diesmal nichts werden wird. Vorsorglich hat er mit Reals Präsidenten Ramon Calderon bereits während des Hinspiels „Blutsbrüderschaft“ geschlossen: Er klatsche sich und dem verdutzten Calderon Rotwein, statt Blut sozusagen, aufs schneeweiße Hemd. ENDE--------------------------------------------------------
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