Polen

Neue Regierung ist die alte

Polen hat wieder eine Regierung, bestehend aus den drei Koalitionspartnern, deren Verbindung erst vor drei Wochen auseinander gebrochen ist. Der Parteivorsitzende der populistischen Bauernpartei Samoobrona (Selbstverteidigung), Andrzej Lepper, ist am späten Montagabend zurückgekehrt auf seinen Posten als Vizepremierminister der Rechts-Koalition aus PiS (Recht und Gerechtigkeit), der national-klerikalen LPR (Liga polnischer Familien) und der Samoobrona.

Noch am selben Abend wurde Staatspräsident Lech Kaczynski (PiS) Leppers Nominierung als stellvertretender Regierungschef und als Landwirtschaftsminister mitgeteilt. Just aus diesen Ämtern hatte ihn der Premierminister und Zwillingsbruder des Präsidenten, Jaroslaw Kaczynski (PiS), vor zwei Wochen im heftigen Streit entlassen, weil Lepper sich als Minister nicht an die von Kaczynski vorgegebene Haushaltsdisziplin halten wollte und überdies die angekündigte polnische Beteiligung am militärischen ISAF-Einsatz in Afghanistan scharf kritisierte.Am Dienstag trat Lepper selbstbewusst vor die Presse: „Wir werden nicht unsere kritische Haltung zu der Stationierung der polnischen Armee im Irak und in Afghanistan aufgeben. Außenpolitisch haben wir eine abweichende Meinung – und diese Probleme bleiben bestehen“. Über den Haushalt wolle man nun konstruktiv im Sejm reden. „Die Rückkehr zur Koalition erfolgt aber auf vollkommen partnerschaftlicher Basis“.

Die Rückkehr von Andrzej Lepper in die Koalition zeichnete sich bereits seit Freitag ab; im Laufe des Wochenendes führten die beteiligten Parteien intensive Gespräche, die am Montag nach einem dreistündigen Treffen zwischen PiS und Samoobrona erfolgreich beendet wurden. Das Hauptargument von Premierminister Jaroslaw Kaczynski für eine Neuauflage dieser Koalition lag demnach darin, eine Koalition aus der liberalen Bürgerplattform (PO) mit den Postkommunisten der SLD zu verhindern.Der Oppositionsführer und Vorsitzende der PO, Donald Tusk, nannte die Neuauflage der rechtspopulistischen Koalition in Warschau eine „Koalition des schlechten Rufs, in der Andrzej Lepper nun die erste Geige spielt“. Tusk geht davon aus, dass der Populist Lepper nun die Regierung dominieren könne, weil sie von ihm abhängig sei. Unterdessen reagierte der zweite Vizepremierminister und Vorsitzende der LPR, Roman Giertych, mit einem Gegenangriff in Richtung PO.

„Zu kritisieren ist immer einfach“, sagte Giertych, der den von der PO und den ebenfalls oppositionellen SLD initiierten Vorstoß zur Auflösung des Parlaments und damit verbundenen Beendigung der Legislatur ab, die gleichbedeutend mit Neuwahlen wären. Seine Partei würde laut jüngster Umfragen bereits an der in Polen gültigen Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Stattdessen appellierte Giertych in Richtung PO an eine „konstruktive Zusammenarbeit“ mit der Regierung.Auch der polnische Innenminister Ludwik Dorn (PiS) wandte sich gegen die Selbstauflösung des Parlaments und warnte die Opposition davor, „die Polen zu verängstigen“. Im Übrigen würde die Debatte um die Selbstauflösung seine Regierung nur „in ihrer inneren Struktur stärken“.

Unterdessen sorgt das vorläufige Ende der Regierungskrise für Konjunktur bei den Meinungsforschungsinstituten: In einer repräsentativen Umfrage von TNS OBOP nannten es 60 Prozent der Befragten „eine schlechte Entscheidung“, dass die Samoobrona wieder in die Regierung zurückkehrt. Nur 27 Prozent der Befragten befürworteten das. Das selbe Institut kam zu dem Ergebnis, dass sich 60 Prozent der Polen für vorgezogene Neuwahlen zum schnellst möglichen Zeitpunkt aussprechen. Und CBOS stellte fest, dass 48 Prozent der Polen mit der Regierungsarbeit „sehr unzufrieden sind“, 25 Prozent unterstützen die Regierung Jaroslaw Kaczynski.

Andrzej Lepper fliegt heute übrigens schon zu einer Konferenz des Europarates nach Moskau, wo er auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin trifft. Seine Fraktion legte allerdings wert auf die Feststellung, dass „er als Parteivorsitzender nach Moskau reist, nicht als Mitglied der polnischen Regierung“.


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