80. Geburtstag von Klaus Kinski
Der Schauspieler kam 1926 im heute polnischen Seebad Sopot zur Welt / Geburtstagsfeier im Cafe KinskiZoppot (n-ost) – Für deutsche Touristen ist das Cafe Kinski in der Kościuszki-Strasse 10 im mondänen polnischen Seebad Sopot immer ein Aha-Erlebnis: Über den Köpfen hängen echte Scheinwerfer, überall gibt es bunte Plakate mit Klaus Kinski. Ansonsten ist das zweistöckige Cafe in düsteren Farben gehalten. Die Polster könnten auch aus einem Bordell stammen. Wer einen Marketing-Gag vermutet, staunt nicht schlecht, wenn er erfährt, dass es sich tatsächlich um das Geburtshaus des deutschen Schauspielers handelt. Eine Tafel an der Außenmauer tut dies seit 1994 allen Ungläubigen kund: Sie zeigt ein Porträt Kinskis und nennt ihn bei seinem richtigen Namen Nikolaus Günter Nakszynski. „Ich kann ohne Freiheit nicht leben“, zitiert die Tafel den Schauspieler und führt den Passanten auf nette Weise an einen Menschen heran, der wie kaum ein anderer die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn auslotete.Am 18. Oktober 2006 wäre Kinski 80 Jahre alt geworden. Gestorben ist er 65-jährig am 2. Februar 1991 in der Nähe von San Francisco. Seine Asche streuten Freunde, darunter der Regisseur Werner Herzog, vor der Golden Gate Bridge ins Meer. Dass Kinski aus Sopot stammt, wurde erst danach zweifelsfrei geklärt. Der polnische Poet Wojciech Kass stöberte die Geburtsurkunde nach monatelangen Recherchen in einem Archiv auf. Sie hängt heute im Café Kinski. Ihr zufolge ist Klaus der Sohn des Apothekers Bruno Nakszynski und seiner Frau Susanne, einer Pfarrerstocher aus Danzig. Sopot gehörte damals unter dem deutschen Namen Zoppot zum Freistaat Danzig, der seit dem Versailler Vertrag durch den so genannten Korridor vom Deutschen Reich abgetrennt war. 1931 übersiedelte die Familie nach Berlin. Hier, konkret im Schlossparktheater in einer Inszenierung von Gerhard Hauptmanns „Die Ratten“, begann 1946 nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges die Schauspielkarriere Kinskis.Große Erfolge feierte Kinski als Rezitator von Gedichten Villons, Rimbauds und Schillers.
Einem größeren Publikum wird Kinski aber immer als finster und irre blickender Bösewicht in den Edgar-Wallace-Verfilmungen, als tobsüchtiger Menschenschinder in den Werner-Herzog-Verfilmungen „Aguirre – der Zorn Gottes“, „Fitzcarraldo“ und „Cobra Verde“, sowie als blutgieriger Dracula- und Nosferatu-Darsteller in Erinnerung bleiben. Ins hübsch herausgeputzte Seebad Sopot mag er damit so gar nicht passen. In der Tat hatten es die örtlichen Kinski-Fans nicht ganz leicht, die Erinnerung an den Sohn der Stadt zu pflegen. Als es 1994 um die Tafel am Geburtshaus ging, leisteten konservative Bürger Widerstand. Dem viermal verheirateten Kinski wurde nicht ohne Grund ein „unmoralischer Lebensstil“ vorgeworfen. „Gibt es nicht genug polnische anständige Künstler, die mit Sopot verbunden sind?“, fragte ein besorgter Leserbriefschreiber. Sogar der Bischof schaltete sich in die Proteste ein, doch die Wogen haben sich gelegt. Das Cafe Kinski ist der beste Beweis.Die Besitzer Ewa und Andrzej Reichel haben das im Jahre 1898 erbaute Haus vor fünf Jahren renoviert. „Wir haben die originelle Farbe abgekratzt und mit der gleichen orangen Farbtönung die wir gefunden haben, haben wir das Gebäude neu gestrichen“, erzählt Andrzej Reichel. Die traditionelle Holzveranda mit schön verzierten Glasswänden im Seebäder-Stil wurde original erhalten. Das Cafe ist ein beliebter Treffpunkt der Künstlerszene von Sopot. Im Haus werden häufig Konzerte, Vernissagen und Kinski – Filme gezeigt. Die Wandmalereien mit Porträts von Kinski hinter der Bar wurden von Jacek Kornowski, einem Professor der Danziger Kunstakademie gemacht. Auch die Speisekarte huldigt dem Schauspieler. Besitzer Andrzej Reichel schenkt seinen Gästen beispielsweise „Cobra Verde“ ein. Das leicht grüne Getränk mit Tequilla duftet intensiv nach Minze. Für Biertrinker gibt es Piwo Nosferatu, also Nosferatubier. Zum Essen wird unter dem Namen „Leckerbissen von Nastassja“ paniertes Kalbfleisch serviert. Es gibt auch Eisbein á la Klaus oder liebvolle Kinski–Teigtaschen, die von Ewa Reichel „pieszczoszki á la Kinski“ getauft wurden.
Ewa und Andrzej Reichel sind selbst Bildhauer und wollten schon seit eh und je einen Treffpunkt für Künstler und andere Freunde gründen. „Wir sind und waren immer von Kinski fasziniert. Wir mögen seine Filme und er gefällt uns als Persönlichkeit“. Ewa betont das Positive an Klaus Kinski. „Er war zwar kontrovers, hatte aber eine starke Persönlichkeit und das ist doch wunderbar“.Zu den Stammgästen zählt Janina Chylinska, die Mutter einer bekannten polnischen Rocksängerin. „Ich komme seit der Eröffnung regelmäßig hierher“, sagt sie. Das „Kinski“ gefällt ihr vor allem wegen der multikulturellen Atmosphäre. „Es kommen sehr viele Deutsche. Sie fragen nach Kinski, fotografieren die Theke und die Geburtsurkunde“.
Derec Nolan aus Irland wohnt seit zehn Jahren in Sopot. „Ich kann mich hier sehr gut entspannen, sagt er über das Café. Über Kinski selbst weiß er nur wenig: „Das war ein Künstler, der ein bisschen verrückt war“?, fragt er unsicher. Zum Geburtstag des Schauspielers gibt es am 18. Oktober ab 18.00 Uhr eine große Fete im Café. Gezeigt werden Kinski-Filme und Ewa Reichel hat extra eine ganze Menge Wein bestellt. „Kinski hat das Leben richtig genossen. So werden wir auch seinen 80. Geburtstag feiern!“. Ende-------------------------------------------------------------------------
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