Rechts-populistische Koalition wird in Polen wiederbelebt
Premier Kaczynski holt den entlassenen Bauernführer Andrzej Lepper zurück – Keine Neuwahlen Warschau (n-ost) - Mit wüsten Worten warf der polnische Premierminister Jaroslaw Kaczynski vor drei Wochen seinen damaligen Stellvertreter Andrzej Lepper von der populistischen Samoobrona (Selbstverteidigung) aus der Regierung. Doch nun schmiedet Kaczynski aus Angst vor Neuwahlen eine Neuauflage der in die Brüche gegangenen rechtsnationalen Koalition. „Am Montag soll der Koalitionsvertrag geschlossen werden“, gab sich Lepper zum Auftakt der Verhandlungen am Donnerstag gutgelaunt. Der entlassene Landwirtschaftsminister hatte Kaczynski damit gedroht, seine Partei werde im Parlament gegen den Haushaltsentwurf für 2007 stimmen und höhere Sozialausgaben gefordert. Entnervt hatte sich darauf der Premierminister von Lepper getrennt. In einer Fernsehansprache warf er ihm „Quertreiberei“ und „Lahmarschigkeit“ vor.Die Kehrtwende kommt umso überraschender, weil sich die Parteien von Kaczynski und Lepper nach dem Aus ihrer Koalition in einem Bestechungsskandal weiter zerstritten. Ein Privatsender filmte in Absprache mit einer Samoobrona-Abgeordneten, wie ein Staatssekretär aus Kaczynskis Regierungskanzlei der Politikerin Posten und Geld für einen Parteiwechsel anbot. Mit dem versuchten Stimmenkauf sollte Kaczynskis Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) eine neue Mehrheit im Parlament verschafft werden. Die von dem Video profitierende Opposition wirft dem Premierminister, der im Wahlkampf eine „moralische Revolution“ versprochen hatte, nun Korruption vor.Ist zurück im politischen Geschäft und hat gut Lachen: Andrzej Lepper von Samoobrona. Foto: Andreas MetzDie rechtsliberale Bürgerplattform von Oppositionsführer Donald Tusk stellte bereits einen Antrag für die Auflösung des Parlaments und anschließende Neuwahlen, über den am Donnerstag abgestimmt werden sollte. Doch Kaczynskis PiS ging als Sieger aus der Kraftprobe hervor. Die Abgeordneten beschlossen am Donnerstag mit 241 gegen 182 Stimmen kurzerhand bis kommenden Dienstag eine Sitzungspause einzulegen.Ohnehin haben die oppositionellen Rechtsliberalen und Sozialdemokraten keine Aussicht auf die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit für Neuwahlen. Denn allen anderen Parteien drohen herbe Verluste bei einem vorgezogenen Urnengang. Die PiS liegt bei Umfragen bei nur noch gut 20 Prozent gegenüber 27 bei ihrem Wahlsieg vor einem Jahr. Leppers Samoobrona hat Probleme über fünf Prozent zu kommen. Die rechtsextreme Liga Polnischer Familien von Vizepremier Roman Giertych dümpelt bei nur noch zwei Prozent. Ganz vorn in der Wählergunst liegen nun Donald Tusks Rechtsliberalen mit über 30 Prozent.„Es ist schon Krieg“ fasste die Tageszeitung „Dziennik“ den Schlagabtausch zwischen beiden Lagern am Donnerstag zusammen. Die konservative Zeitung „Rzeczpospolita“ befürchtete in einem Kommentar bereits, dass das Festhalten an der Macht die PiS ebenso zu Grunde richten werde wie einst das Walbündnis Solidarität von Premierminister Jerzy Buzek 2001. Doch Kaczynski scheut Neuwahlen mehr als eine neue Koalition mit unsicheren Partnern.*** Ende *** -----------------------------------------------------------
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