Hoffen auf Sieg über deutsches Team
Gegen Deutschland geht es um einen Platz in der Familie der FußballnationenVon Olaf Sundermeyer BRATISLAVA (n-ost) - Für Marek Mintal dürfte die Welt zurzeit in Ordnung sein. Mit dem 1. FC Nürnberg steht der Slowake derzeit in der Bundesliga ganz oben und die slowakische Nationalmannschaft ist in der Qualifikationsgruppe punktgleich mit den Deutschen. Auch dank der beiden Tore Mintals aus dem Spiel gegen Gruppengegner Wales am vergangenen Samstag, das die Slowaken überraschend deutlich mit 5:1 gewannen. Kein Wunder also, dass er sich trotz seines Spitznamens „Tarnkappenbomber“ vor dieser Begegnung nicht versteckt: „Die Deutschen kommen wie immer mit Selbstbewusstsein und werden bei uns ganz einfach gewinnen wollen. Allerdings sind wir auch noch da und wir glauben, dass wir gewinnen werden“.Bei einer Abstimmung der großen Tageszeitung „Pravda“ (Die Wahrheit) zeigten sich dreiviertel der Leser überzeugt, dass sich „das Nürnberger Duo Mintal/Vittek auch gegen die Deutschen durchsetzen wird“. Robert Vittek kommt aus Bratislava und spielte hier, bei SK Slovan, bis zu seinem Wechsel ins Ausland auf dem „Tehelnom pole“, dem Stadion, das hier „Feld“ heißt und wohl endlich mal wieder ausverkauft sein wird. Bei Ligaspielen bleiben die meisten Plätze unbesetzt. Am Montag waren bereits 15.000 Tickets (Preis 27 Euro) vergriffen, die Hälfte aller verfügbaren Karten.Beim Freundschaftsspiel im vergangenen September, das die Slowaken 2:0 gewannen, waren nicht mal 10.000 Menschen im Stadion. Damals hatten deutsche „Fans“ Ausschreitungen im Stadion provoziert, weshalb der DFB nun versucht, das eigene Fankontingent für das Spiel. „Deutsche fürchten sich vor Ausschreitungen in Bratislava“, kommentiert dies die slowakische Presse. „Die Deutschen wollen den guten Ruf, den sie sich bei der WM erworben haben, nicht verlieren.“ Aber auch die slowakische Fanszene gibt Grund für Besorgnis. Sie ist selbst mit Neonazis durchzogen, die durch den starken slowakischen Nationalismus begünstigt werden. In der Slowakei ist Fußball kein Familiensport, sondern eine Männerangelegenheit.
Aber ein Sieg über Deutschland würde dem ganzen Land gut tun. Denn die knapp in der Relegation gegen Spanien verpasste Qualifikation zur Weltmeisterschaft und die demütigende 0:3 Niederlage gegen Tschechien vor wenigen Wochen haben die Nation zeitweilig in die Depression gestürzt.Ohnehin haben die Slowaken - anders als die Tschechen - die Teilung der Tschechoslowakei vor dreizehn Jahren sportlich nicht verkraftet. Grosse Erfolge blieben dem kleinen Land bislang versagt. Es gibt hier keine Superstars, keinen Pavel Nedved, keinen Tomas Rosicky oder Peter Cech, wie sie die Tschechen zu bieten haben. Die besten Kicker spielen in Wolfsburg oder Nürnberg, nicht bei Arsenal oder Chelsea London. Und die eigene Liga ist sehr schwach, die zwölf Erstligavereine international bedeutungslos.Der slowakische Verband hat lediglich 473 Profis registriert. Der amtierende Meister MSK Ruzomberok verpasste nach dem Aus in der Championsleague Qualifikation gegen ZSKA Moskau auch die Gruppenphase des Uefa-Cups im Duell mit dem FC Brügge. Wie andere Ligen in der Region, etwa in Ungarn oder Polen, driftet die slowakische immer weiter weg von der europäischen Fußballbühne. Es fließt kaum Geld von der Uefa und der eigene Fernsehmarkt ist unbedeutend, zumal sich der slowakische Sprachraum lediglich auf die eigenen fünfeinhalbmillionen Leute ausdehnt; so viele wie allein im Ruhrgebiet leben. Und nun will Brüssel noch ein Werbeverbot für Alkohol durchsetzen; das würde ein Ende der Partnerschaft mit dem Hauptligasponsor Corgon bedeuten, einer Biermarke.Die Teilnahme an der Euro 2008 ist die einzige greifbare Möglichkeit, sich in Europa zu zeigen. Und schließlich liegt Co-Ausrichter Österreich, das immer noch einen großen kulturellen Einfluss in der Stadt, dem ehemaligen Pressburg, hat, vor der Tür. Wien ist nur 66 Kilometer Donau-aufwärts. „Auf dem Weg dorthin ist es höchste Zeit, dass wir endlich einen großen Gegner besiegen“, sagt Innenverteidiger Jan Durica. Deutschen Ohren kommt dieser Satz bekannt vor.Ende Olaf Sundermeyer