Polen

Regierung am Ende

Nach dem Zerfall der Regierungskoalition werden in Polen Neuwahlen immer wahrscheinlicher  Warschau (n-ost) Schon länger nervte Bauernrebell Andrzej Lepper Polens Premierminister Jaroslaw Kaczynski. Jetzt wurde es dem konservativen Regierungschef zu viel. Er warf seinen Stellvertreter Lepper aus dem Kabinett. Der populistische Landwirtschaftsminister und Chef der Protestpartei Samoobrona (Selbstverteidigung) hatte den Unmut Kaczynskis auf sich gezogen, weil er sowohl die Entsendung von rund 1000 Soldaten nach Afghanistan als auch den Haushalt für 2007 im Parlament ablehnen wollte. Obendrein hatte Lepper Neuwahlen zum 26. November favorisiert und am Donnerstag mit Oppositionsführer Donald Tusk von der rechtsliberalen Bürgerplattform (PO) über die Selbstauflösung des Parlaments gesprochen. Dafür wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit notwendig.Lepper war erbost über die Abwerbung von Samoobrona-Abgeordneten durch Kaczynskis Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Am Donnerstag verließen bereits vier Abgeordnete die Fraktion des Junior-Regierungspartners. Weitere drohten zu folgen. In diesem Zusammenhang sprach Lepper von einem „Staatsstreich“ Kaczynskis. Denn dessen PiS würde Politikern für einen Fraktionswechsel Regierungsposten und selbst Strafverschonung durch die Justiz versprechen.
Scheitert an Populist Lepper: Premier Jaroslaw Kacynski. Foto: Andreas MetzNeuwahlen braucht der rüpelhafte Exminister nicht zu fürchten. Als einzige der drei Regierungsparteien zeigen Umfragen für die Samoobrona eine stabile Unterstützung durch die Bevölkerung. Seine Partei kann fast mit einer Wiederholung des Wahlerfolgs von elf Prozent rechnen, der sie vor genau drei Jahren zur drittgrößten Partei machte. Leppers Anhänger stehen schließlich auf Protest. Das Durchhalten in der Regierung hätte sich da vermutlich nicht ausgezahlt.Recht und Gerechtigkeit und ihr Chef Kaczynski stehen dagegen nicht mehr so hoch im Kurs der Wähler. Statt 27 Prozent wollen nach Umfragen nun nur noch etwas über 20 Prozent für die Konservativen stimmen, die mit Lech Kaczynski, dem Zwillingsbruder des Premierminister, auch den Staatspräsidenten stellen. Am schlimmsten aber würden Neuwahlen die rechtsradikale Regierungspartei Liga Polnischer Familien (LPR) von Erziehungsminister Roman Giertych treffen. Sie droht klar an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern.
Premierminister Kaczynski setzt deshalb auf eine neue Mehrheit im Parlament. Dabei kann er neben der LPR auch auf die aus der kommunistischen Bauernpartei hervorgegangene PSL bauen. Dazu kommen noch ehemalige Samoobrona-Abgeordnete.  Doch auch Lepper ist noch nicht ganz aus dem Rennen. Der vorbestrafte Parteiführer liebäugelt mit einer Koalition mit der Bürgerplattform (PO). „Der Ball liegt in ihrem Feld“, sagte er. PO-Chef  Donald Tusk erklärte, er könne sich eine Zusammenarbeit mit der Samoobrona vorstellen. Man sei vorbereitet, in der Außenpolitik den „dummen Krieg“ mit Deutschland, Russland und der EU zu beenden.Auch eine Zusammenarbeit mit der PiS schloss Tusk nicht aus. Man müsse ihr aber die Macht nehmen und Bedingungen stellen. In der Wählergunst liegt die PO seit wenigen Monaten klar auf Platz eins. Deshalb planen die Rechtsliberalen auch einen Antrag auf Selbstauflösung im Parlament. Auch viele Warschauer Zeitungskommentatoren forderten Neuwahlen.  Wahlkampf ist ohnehin schon. Am 12. und 26. November finden in ganz Polen Kommunalwahlen statt.   *** Ende *** ---------------------------------------------------------------------------------
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