"Unser Vorbild ist Rudolf Heß"
Massive Übergriffe und eine rechtsradikale Demonstration bei Pokalspiel in DanzigWARSCHAU/DANZIG. Die Fans des polnischen Zweitligisten Lechia Danzig sind berüchtigt, in Polen und darüber hinaus, weil sie viele rassistische und gewaltbereite Hooligans in ihren Reihen haben. Und so wurde aus einem gewöhnlichen Achtelfinal-Pokalspiel zwischen dem Zweitligisten Lechia Danzig und dem Erstligaclub Pogon Stettin (Endstand 0:2) eine üble Demonstration rechtsradikaler Hooligans und ein massiver rassistischer Angriff auf farbige Fußballspieler. Schon beim Einlauf der Mannschaften ins Danziger Waldstadion am Stadtrand flogen Dutzende Bananen in Richtung der Stettiner Mannschaft, die in Polen bekannt ist für eine große Anzahl brasilianischer Spieler. In dem 30 Spieler umfassenden Kader stehen 18 Brasilianer, weshalb Pogon in Polen den Ruf hat, keine polnische Mannschaft zu sein. Trotz der Bananen wurde das Spiel angepfiffen, das von den Danziger Fans fortwährend mit Affenrufen und dem Schlachtruf „Unser Vorbild ist Rudolf Hess“ begleitet wurde. Rudolf Heß war einer der engsten Mitarbeiter von Adolf Hitler und setzte als führender Ideologe der Nationalsozialisten im von Deutschland besetzten Polen während des Zweiten Weltkriegs die Trennung von Deutschen und Polen und die damit verbundenen rassistischen Sonderrechte durch. In Polen gilt er außerdem als Gesicht der Judenverfolgung durch die Nazis. In der internationalen Neonazi-Szene – so auch in Polen – ist er ein Märtyrer, weil er sich bis zu seinem Tode 1987 in einem Berliner Militärgefängnis zum Nationalsozialismus bekannte.Nach 20 Spielminuten flogen wieder Bananen auf das Spielfeld – in Richtung des brasilianischen Stettiner Linksverteidigers Daniel Lopez Cruz, der die Bananen wieder zurück warf. Ansonsten hielten sich die Brasilianer mit Kommentaren zu den Vorfällen zurück. Lechia-Spielführer Maciej Kalkowski äußerte sich nach dem Spiel etwas bedrückt:„So etwas wollen wir in unserem Stadion nicht mehr sehen“ und Lechia-Präsident Blazej Jenek tat es leid. Zwar sagte er, dass sein Club alles tun werde, dass so etwa nicht passiert, kündigte aber keinerlei Schritte gegen die Verantwortlichen an, die im Umfeld des Danziger Clubs gut bekannt sind. In Danzig ist die Fanszene überschaubar und polizeilich bekannt. Viele Kleinkriminelle und die so genannte „Danziger Mafia“ gehören dazu. Im Stadion, das von einem privaten Sicherheitsdienst geschützt wird und nicht von der Polizei, versammeln sich selten mehr als 2000 Zuschauer. Unter denen war gestern allerdings Jacek Kurski, prominenter Bürgermeisterkandidat der Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) für die anstehenden Kommunalwahlen. „Ich habe gesehen, wie diese Dummköpfe Bananen auf die Brasilianer geworfen haben. Mit dieser Dummheit beeinflussen sie bloß die öffentliche Meinung. Aber ich sehe darin keine Ideologie, sondern nur absoluten Schwachsinn“, wird er in polnischen Medien zitiert. Der amtierende Danziger Bürgermeister selbst, Pawel Adamowicz, wollte den Vorfall nicht kommentieren, weil er kein Augenzeuge war. Seit Jahren dominieren Rassisten die polnische Fanszene, die Politik zeigte sich dagegen bislang machtlos.Vor der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland kündigte Polens Justizminister Zbigniew Ziobro auf öffentlichen Druck hin an, in Kürze ein schlüssiges Konzept gegen den Hooliganismus unter polnischen Fußballfans vorzulegen – aber bislang ist nichts geschehen. Auch der Hauptsponsor von Lechia, die Danziger Technologiefirma „Saur Neptun“ reagierte zurückhaltend. Man wolle sich zunächst zu dem Thema beraten, hieß es dort. Eine Reaktion des Internationalen Fußballverbandes FIFA liegt bislang nicht vor. In vergleichbaren Fällen verhängte er eine Geldstrafe gegen entsprechende Clubs, auch ein Punktabzug in der jeweiligen Liga ist möglich. Zuletzt wurde in Deutschland Hansa Rostock mit einer Geldstrafe von 20.000 Euro belegt, nachdem heimische Fans den dunkelhäutigen Schalker Nationalspieler Gerald Asamoah bei einem Pokalspiel bei den Amateuren von Hansa Rostock mit Schmählauten überzogen hatten. Der polnische Fußballverband PZPN kann sich „eine Geldstrafe vorstellen“, sagte dessen Vize-Präsident Eugeniusz Kolator. „Aber zunächst werden wir uns die Bilder von dem Spiel anschauen; entscheidend ist auch, wie viele Bananen geflogen sind!“Ende-----------------------------------------------------------------
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