Ungarn

Erneut Straßenschlachten in Budapest

Zweite Nacht der Gewalt weniger schlimm / Premier lehnt Rücktritt weiterhin abBudapest (n-ost) In der Nacht zu Mittwoch griffen in Budapest mehrere hundert Randalierer erneut Polizisten an. Sie bewarfen die zum Teil berittenen Einsatzkräfte mit Flaschen und Steinen, sie zündeten Mülleimer und einen Polizeiwagen an. Zu den Ausschreitungen kam es im Anschluss an eine friedliche Demonstration vor dem Parlament, wo etwa 10.000 Menschen gegen den sozialistischen Premierminister Ferenc Gyurcsany protestierten. Von dort zogen mehrere hundert Menschen zum Sitz der Sozialistischen Partei MSZP, doch die Polizei drängte sie in Nebenstraßen ab. Dort fingen die zumeist jugendlichen Demonstranten an, die Polizei zu attackieren. Unter ihnen waren Hooligans, Rechtsextreme und Neonazis. Bei den Auseinandersetzungen wurden etwa 50 Menschen verletzt.Vor dem Gebäude des ungarischen Fernsehens griff die Polizei ebenfalls ein. Sie löste dort eine Ansammlung von 50 Demonstranten auf, die in den Sender eindringen wollten. In der Nacht zuvor gelang dies 200 Randalierern, die dabei über hundert Polizisten verletzten, vor dem Gebäude mehrere Autos anzündeten und den Sendebetrieb unterbrachen. Die letzten Ausschreitungen in der Nacht zu Mittwoch waren allerdings weniger schlimm als die in der Nacht zuvor.
Randalierer lieferten sich mit Budapester Polizei in der Nacht auf Mittwoch erneut Gefechte. Foto: Oszkár JankovichDie fünf im Parlament vertretenen Parteien sprachen sich am Dienstagabend gemeinsam gegen die Gewalt aus, wobei die rechts-konservative Partei Fidesz erneut betonte, die regierenden Sozialisten trügen die alleinige Verantwortung für die Unruhen. Die Fidesz-Politiker befürworten die Demonstrationen gegen Premier Gyurcsany und planen selbst Kundgebungen, so am kommenden Samstag. Peter Szijjarto, der Sprecher des Fidesz, rief die Anhänger der größten Oppositionspartei ausdrücklich zu weiteren Protesten auf, die aber „im Rahmen von Verfassung und Demokratie“ bleiben sollten. Ob sich die Budapester Randalierer danach richten werden, ist fraglich. Sie sind nun schon die zweite Nacht in Folge nach friedlichen Demonstrationen gewalttätig geworden. Als sie das Fernsehgebäude gestürmt hatten, saßen die meisten vor den Fernsehern in der Lobby des Senders und schauten sich grölend selbst zu: BBC-World zeigte bereits, wie sie versuchten, Budapest in Brand zu stecken.Auslöser der Proteste ist eine aufgezeichnete Rede des Premiers, in der er kurz nach seiner Wiederwahl im April vor Parteimitgliedern eingesteht, die Bürger absichtlich über die schlechte wirtschaftliche Lage des Landes belogen zu haben. Jetzt stehen harte Sparmaßnahmen auf dem Programm, um die Neuverschuldung des Staates von derzeit zehn auf drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu drücken. Premier Gyurcsany gab seinen Wahlkampf-Fehler zu, nachdem die Rede am Sonntag veröffentlicht wurde. Er wolle die Probleme, die er in der Rede angesprochen hat, nun auch angehen. Die Rücktrittsforderungen der Opposition weist er bisher zurück.*** ENDE*** ---------------------------------------------------------------------------
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