Proteste gegen italienisches Gasprojekt
Mit blutroten Fischen und den italienischen Worten „Ciao mare“ wird Abschied vom Meer genommen. So sehen die Kaffeetassen der „Anti-Terminal-Kollektion“ aus, mit denen sich führende slowenische Designer gegen den Bau zweier Flüssiggas-Terminals aussprechen, die Italien in der nördlichen Adria bauen möchte. Der Protest richtet sich vor allem gegen Kaffeehersteller Illy cafe, oder besser gesagt gegen deren Firmenchef Ricardo Illy. Dieser hat zugleich das politische Sagen in der italienischen Küstenregion Friaul-Julisch-Venetien, zu der auch die Bucht von Triest gehört. Illy gilt als Zugpferd des umstrittenen Gasprojekts.
Mit ihrem Missmut stehen die Künstler jedoch nicht alleine da. Drei Umweltschutz-Organisationen aus Italien, Slowenien und Kroatien, die sich im Netzwerk Adriatic Greenet verbündet haben, fordern nun das Einschreiten der Europäischen Kommission. Diese soll Italien in Schranken weisen: Das Land habe gegen internationale Bestimmungen verstoßen, indem es den Bau der beiden Terminals im Alleingang plane. Die Umweltverträglichkeitsstudien, die Italien bereits im Frühjahr anfertigen ließ, sollen nun annulliert werden. Bei der Erstellung neuer Expertisen müssten Slowenien und Kroatien, aber auch die Öffentlichkeit in die Pläne Italiens mit einbezogen werden, fordert Dusica Radojcic, Vorsitzende der kroatischen Umweltschutzorganisation „Zelena Istra“ (Grünes Istrien).
Die Anklage in Brüssel wird vor dem Hintergrund der Espoo-Konvention erhoben, die von Rom und Ljubljana bereits in den 1990er Jahren ratifiziert worden ist. Mit der Unterzeichnung des Abkommens haben sich die beiden Länder zu einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit verpflichtet, sofern Projekte im eigenen Land die ökologische Situation in einem Nachbarland erheblich bedrohen könnten. Das sei bei den beiden Projekten eindeutig der Fall, erklärt Dusica Radojcic. Das Off-Shore- Flüssiggas-Terminal „Alpi Adriatico“, das der Energiekonzern Endesa in der Bucht von Triest bauen möchte, befindet sich fast gleich weit von allen drei Adria-Anrainerstaaten entfernt: Bis zum italienischen Festland sind es 14 Kilometer, bis zur kroatischen Grenze 15 Kilometer und bis slowenischem Territorium gerade mal zehn Kilometer. Noch näher dran ist das On-Shore-Terminal „Zaule“ des Konzerns Gas Natural, das vor der gleichnamigen Ortschaft Zaule (Gemeinde Triest) entstehen soll. Hier würde die Grenze zum slowenischen Festland nur 2,5 Kilometer entfernt verlaufen.
Die nördliche Adria gilt aufgrund ihrer geringen Tiefe als sehr empfindliches Gewässer: Die Wassermassen zirkulieren hier nur schwach und entsprechend groß ist die Belastung des Ökosystems durch Verunreinigungen, die vom Küstengebiet ausgehen. Dadurch kann es zur Bedrohung bestimmter Gattungen kommen, warnt „Zelena Istra“. Der Schiffsverkehr in der nördlichen Adria sei ohnehin verdichtet, da sich hier die beiden größten italienischen Häfen befinden, in denen Ölprodukte umgeschlagen werden – Triest und Venedig. Die Dauerbelastung des Gewässers habe ohnehin bereits zu einer Verringerung der biologischen Artenvielfalt in der Region geführt, so die Kritik. Eine gemeinsame italienisch-slowenisch-kroatische Kommission war in der Vergangenheit damit beauftragt worden, einen besonderen internationalen Schutzstatus für die nördliche Adria auszuhandeln. Die Verhandlungen, die verbesserte Schutz- und Überwachungsmaßnahmen mit sich bringen würden, würden allerdings komplett stagnieren, so die Umweltschützer.
Während das slowenische Umweltministerium seine Bestürzung über die geplanten Terminals ausdrückte und die führende Wochenzeitschrift „Mladina“ auf ihrer Homepage mehr als 50.000 Protestunterschriften gesammelt hat, bleiben die Reaktionen in Kroatien sehr verhalten: Das Umweltministerium hat bislang noch nicht Stellung bezogen. Was „Zelena Istra“ sehr verwundert: „Die Terminals liegen direkt an der Grenze, doch Kroatien lässt seine Nachbarn auf diese Weise spüren, dass man keinen Wert auf die Umwelt in der nördlichen Adriaregion legt“, sagt Dusica Radojcic.