Slowenien? Slowakei? Slawonien?
Slowenien? Das amerikanische Architektenehepaar auf der Kreuzfahrt bei Belize weiß sofort Bescheid. Das liegt irgendwo zwischen Aserbaidschan, Georgien und Armenien! Tomaz Sporn schüttelt den Kopf. Der Student aus Ljubljana, der gerne mit dem Rucksack andere Kontinente erkundet, hat sich längst schon daran gewöhnt, dass seine Heimat falsch eingeordnet oder gerne verwechselt wird. Das sei ihm auch schon in England oder Norwegen passiert, in europäischen Ländern, die nicht direkt an Slowenien angrenzen, sagt Tomaz.
Die Liste der Verwechslungen ist lang
Dass sich nicht nur Urlaubsbekanntschaften einen geopolitischen Faux Pass leisten, hat auch US-Präsident George W. Bush vor einigen Jahren bewiesen, als er Slowenien und die Slowakei verwechselt hat. Ein niederländischer Diplomat klagte beim Besuch der kroatischen Provinz Slawonien über das kriegszerstörte Slowenien und eine US-Zeitschrift platzierte in einer Infografik anstelle Sloweniens die Slowakei an der Adria. Und hätten nicht beide Länder so wenige international siegreiche Sportler, würden Hymnen und Flaggen wohl in Serie verwechselt.
Jährlich sollen 600 Tonnen E-Mails mit Empfängern in der Slowakei in Slowenien landen, schreibt der „Lonely Planet”, die Reisebibel für Rucksacktouristen, die das Namenswirrwar kurzerhand „Slavenakia” getauft hat. Die fehlende Wiedererkennbarkeit Sloweniens greift auch Bestsellerautor Paulo Coelho in seinem Roman „Veronika beschließt zu sterben” auf: Eine junge Slowenin nimmt eine Überdosis Schlaftabletten und während sie auf den Tod wartet, liest sie einen Kommentar in der Zeitung mit der Überschrift „Wo liegt Slowenien?” Im Wettlauf mit dem Tod beginnt die Protagonistin, einen Leserbrief zu schreiben, da sie sich maßlos über die Ignoranz gegenüber ihrer Heimat ärgert.
Unverwechselbarkeit hat höchste politische Prioriät
Mit den slowenischen Verwechslungsspielen in der globalen Öffentlichkeit soll endlich Schluss sein. Bereits bei ihrem Amtsantritt 2004 hatte dies die gegenwärtige slowenische Regierung zu den Prioritäten ihrer Arbeit gezählt. Die Umbenennung des ganzen Landes, um es unverwechselbarer zu machen, steht nicht zur Debatte. So muss es ein Wettbewerb richten, in dem weltweit nach einem neuen Slogan und einem neuen Landeslogo gefahndet wird.
Am 4. September um 12 Uhr endet die Ausschreibungsfrist. Dann, so hofft man in Lubljana, werde es beste Vorschläge en masse geben. Beteiligen können sich auch Ausländer. Die Vorschläge sind anonym und in versiegelten Umschlägen abzugeben. Zum Auffinden des Einsenders dient ein verschlüsselter Code. Damit soll der Jury, in der die Creme des Landes vertreten ist, darunter der Außenminister, der Kulturminister und der Wirtschaftsminister, eine völlig freie Wahl ermöglicht werden.
Neuer Slogan für das Musterland
Slowenien soll auf der europäischen und globalen Landkarte endlich besser platziert werden, fordert Livija Kovac-Kostantinovic von der Slowenischen Tourismuszentrale. Einige Anläufe hat es bereits gegeben: „Auf der Sonnenseite der Alpen” hieß der touristisch ausgerichtete Slogan, der in den 1990ern verwendet wurde. Im Zuge des EU-Beitritts wurde der Spruch „Slowenien belebt!” gewählt. Nun ist die EU-Aufwärmphase vorbei. Slowenien gilt als Musterknabe der neuen EU-Länder. Euro-Einführung und Beitritt zum Schengen-Raum stehen im kommenden Jahr ins Haus.
Dazu passe ein neuer Slogan. Dieser sollte sich dabei nicht nur auf den Tourismus beziehen sondern die ganze Bandbreite des Landes widerspiegeln, erklärt Livija Kovac-Kostantinovic. Unterstützung aus der Slowakei für die slowenischen Bemühungen um Abgrenzung wird es nicht geben: Mit einer vernünftigen Außenpolitik werde man langfristig besser erkennbar in der Welt. Das Ganze brauche jedoch eben seine Zeit, erklärt die Pressestelle der slowakischen Regierung in Bratislava.
Das Namensproblem wird durch die Staatsflaggen noch erschwert: Ob slowenisch oder slowakisch, die Anordnung der slawischen Farben Weiß, Rot und Blau ist gleich, den Unterschied macht nur ein kleines Wappen aus, das just auch noch fast an der gleichen Stelle prangt. Die Slowenen haben den Triglav-Berg, die höchste Erhebung des Landes, ins Wappen aufgenommen, die Slowaken wählten gleich drei Berge und garnierten sie mit dem byzantinischen Doppelkreuz.
Suche nach der eigenen Indentität
So amüsant die Sache mit dem Wettbewerb auch ist, im Kern geht es dem mit zwei Millionen Einwohnern, winzigen Slowenien vor allem um die Suche nach einer eigenen Identität. Jahrhunderte lang waren die Slowenen Teil der von Wien und Budapest aus regierten K.u.K. Monarchie. Nach dem 1. Weltkrieg wurden sie in den jugoslawischen Vielvölkerstaat integriert. Seit 15 Jahren hat das Volk nun erstmals in der Geschichte einen eigenen Staat und kann seine Sprache in Ruhe pflegen.
Noch seien die Slowenen nicht mit ihrer jüngsten Vergangenheit im Reinen und hätten sich die Frage nach der nationalen Identität nie allzu ernsthaft gestellt, schreibt die slowenische Tageszeitung „Dnevnik”. Daher sei auch die Wahl eines nationalen Symbols, das der slowenischen Identität entspräche, auch so kompliziert. Ist es wirklich der Berg Triglav, der jetzt schon das Wappen ziert? Oder ein Heustadel? Oder etwa die Krainer Wurst? – Der Wettbewerb wird Antworten auf diese Fragen finden.