Endlich ein Star am polnischen Himmel
Formel-1 Fahrer Robert Kubica entzückt Polen, das die Schnelligkeit entdecktWARSCHAU (n-ost) – Die Obdachlosen vom Warschauer Zentralbahnhof haben eine neue Freizeitbeschäftigung entdeckt: Wenn Sonntags die Formel-1-Boliden über die Rennstrecken der Welt flitzen, kleben sie an der Glasfront der noblen Sportsbar „Champions“, um einen Blick auf die zwei Großbildleinwände zu erhaschen. Ganz Polen ist im Autofieber seit mit Robert Kubica beim Grand-Prix von Ungarn am 7. August der erste polnische Pilot den Sprung in den elitären Rennzirkus geschafft hat. Früher war Polen das Land, in dem lustige kleine Fiat Polskis mit maximal 100 Stundenkilometern über holprige Landstraßen geschlichen sind. Das war einmal. Spätestens mit dem 21-jährigen Kubica hat das Land endgütig den Anschluss ans westliche Tempo gefunden. Kubica profitierte vom Abschied Jacques Villeneuve, von dem sich das deutsch-schweizerische BMW Sauber-Team nach schlechten Leistungen und Querelen vorzeitig getrennt hat. Kubica ist Teamkollege des Mönchengladbachers Nick Heidfeld, dem die Fähigkeiten des Polen imponieren: „Ich bin weniger von seinem Speed als von der Tatsache beeindruckt, dass er kaum Fehler macht“, sagte der 29-jährige Heidfeld dem Branchenmagazin „F1Total“. Bahnt sich da in politisch schwieriger Zeit ein neues deutsch-polnisches Dreamteam an?Faszinierender noch als der Sport als solches sind bislang noch Kubicas Verdienstmöglichkeiten für die Polen: Seine erste Titelseite auf der größten polnischen Tageszeitung, dem Boulevardblatt „Fakt“, sprach es aus: „Kubica verdient 25 Millionen Euro!“ Ein 21-jähriges Milchgesicht aus Krakau soll bald 25 Millionen Euro verdienen? In einem Land der transformatorischen Gegensätze ist das der Klimax des amerikanischen Traums, den hier Viele träumen. Kubica spricht vier Sprachen, jetzt wo jeder in Polen, der an die Zukunft glaubt, eine Sprachschule besucht. Er kann es schon. Und er kann für viele internationale Firmen als Markenträger ein Türöffner für den polnischen Markt sein, der auch für die Macher der Formel-1 interessant ist. Die Warschauer Werbeagentur „Media Sport“ hat ausgerechnet, dass seine Sponsoren allein an Kubicas Auftritt in Budapest 600.000 Euro verdient haben – nur mit den Logos auf seinem Rennanzug. Konrad Pudlo von „Media Sport“ sieht Kubicas Wert täglich wachsen: „Roberts Marketingpotenzial ist so groß, weil es in Polen einen innigen Wunsch nach Stars gibt, wir aber leider keine haben“. Trotz einer noch ungewissen sportlichen Zukunft wird er in Kürze der reichste polnische Sportler sein. Vor dem Nationaltorhüter Jerzy Dudek, der beim FC Liverpool in der Premierleague mit britischen Pfund bezahlt wird und immerhin schon die Championsleague gewonnen hat und vor dem Skispringer Adam Malysz, der bereits dreimal den Weltcup geholt hat. Diese Erfolge verblassen im Angesicht dessen, dass Kubica den Polen die Welt der monegassischen Luxusyachten erschließt, noch dazu in einem BMW, von dem hier viele träumen. Und sei es bloß ein zehn Jahre alter 3er von einem deutschen Gebrauchtwagenmarkt. Der Münchener Automobilhersteller profitiert von der Kubicamania in Polen, wo die sportlichen Bayern ohnehin die beliebtesten Autos sind.Das Thema Formel-1 findet längst Einzug in die Autobeilagen der großen Zeitungen, in automotive Artikelchen und die Autozeitungen selbst – und stets ist BMW irgendwie mit dabei. Ganz oft ein Bild von Kubica, darunter biografische Daten, die sich häufig unterscheiden. 1.84 Meter soll er groß sein, 73 Kilo wiegen und am liebsten Pasta mit Orangensaft zu sich nehmen. Legendenbildung. Interviews mit ihm sind bislang Fehlanzeige. Kubica bleibt scheinbar unberührt von dem Hype in der Heimat. Aber sicherlich nicht mehr lange.Bislang liegen die Übertragungsrechte für die Formel-1 bei dem Nischenkanal TV4 und dieser zählte nach Kubicas erstem Rennen 2,5 Millionen Zuschauer – Rekord für den Sender. Bislang wollten nie mehr als eine halbe Million Polen ein Rennen sehen. Und das ist erst der Anfang. „Ab sofort werden wir auch die Qualifikation am Samstag live übertragen“, sagt Programmdirektor Adam Stefanik. „Außerdem werden wir unsere Kommentatoren nun zu den Rennen schicken und sie nicht mehr aus dem Warschauer Studio berichten lassen “. Für diese ist die Arbeit ohnehin schon keine einfache, „denn wir haben viele Zuschauer, die viel über die Formel-1 wissen, aber eben auch immer mehr, die sich zum ersten Mal ein Rennen anschauen“, sagt TV4-Kommentator Adrian Skubis. Noch ist allerdings unklar, wie es mit den Übertragungen im kommenden Jahr weiter geht. Man wartet ab, wie sich das BMW-Sauber-Team entscheidet, ob Kubica einen langfristigen Vertrag und einen festen Platz im Team bekommt. Ganz Polen drückt seinem neuen Helden die Daumen.Ende---------------------------------------------------------------------
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