Mazedonien

Machtwechsel in Mazedonien

Die Parlamentswahlen in Mazedonien haben zu einem Machtwechsel geführt: Die bisher oppositionelle bürgerlich-nationale Partei VMRO-DPMNE unter Nikola Gruevski geht aus den  Wahlen am Mittwoch als klarer Sieger hervor. Bei den ethnischen Albanern, die rund ein Viertel der Landesbevölkerung stellen und vorwiegend im Westen des Landes leben, ging die „Demokratische Union für Integration“ (DUI) mit dem besten Ergebnis durchs Ziel. Sie könnte der zukünftige Juniorpartner sein.

Rund 2.700 Kandidaten aus 33 Parteien  hatten sich um die 120 Sitze im Mazedoniens Einkammerparlament beworben. Nach vorläufigen Ergebnissen der Staatlichen Wahlkommission vom Donnerstag erhielt die bisher oppositionelle VMRO rund 32 Prozent der Wählerstimmen, fast acht Prozent mehr als bei den letzten Parlamentswahlen im Jahr 2002. Die bislang regierende sozialdemokratische Partei SDSM unter Ministerpräsident Vlado Buckovski brach dramatisch von 40 Prozent im Jahr 2002 auf nun 23 Prozent ein.

Hitziger Wahlkampf

Die Wahl wurde von rund 400 internationalen und 3500 lokalen Wahlbeobachtern verfolgt. Seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1991 hat das junge Land kaum einen problemlosen Urnengang erlebt.


Jubelnde Anhänger von Wahlsieger Nikola Gruevski in Skopje / Marina von König, n-ost

Nachdem ein Konflikt zwischen Albanischen Freischärlern und Regierungstruppen im Jahr 2001 durch Vermittlung der Internationalen Gemeinschaft beigelegt wurde, hat Mazedonien beachtliche Fortschritte vorzuweisen. Diese wurde von Seiten der EU durch Verleihung des Kandidatenstatus im Dezember letzten Jahres honoriert. Faire Wahlen, betonte die EU wiederholt, wären nun eine der Voraussetzungen für einen Beginn von Beitrittsverhandlungen.

Der Wahlkampf aber hat alles andere als demokratische Reife bewiesen. Vor allem in den mehrheitlich albanischen Landesteilen gab es zu Beginn der Kampagne Schiessereien, Prügeleien, und demolierten Parteibüros. Die Ruhe trat erst nach Intervention der internationalen Gemeinschaft ein. So warnte EU-Chefdiplomat Javier Solana, dass eine Ausweitung der Zwischenfälle die EU-Integration des Landes ernsthaft in Gefahr bringen könnte. Am Ende konnten die Wahlen relativ friedlich abgehalten werden.

Machtübergabe

Nur rund 57 Prozent Wähler gaben am Mittwoch ihre Stimmen ab - fast 16 Prozent weniger als in den letzten Parlamentswahlen. Von der Verleihung des EU-Kandidatenstatus konnten die regierenden Sozialdemokraten nicht profitieren. Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Stagnation sind die wichtigsten Gründe, die viele ethnisch mazedonische Wähler ins Oppositionslager getrieben haben. Der junge und charismatische Führer der der bürgerlichen VMRO-DPMNE, Nikola Gruevski, kündigte einen entschlossenen Kampf gegen Armut und Korruption an und traf damit offensichtlich den Nerv der Wähler.

Schon lange vor Auszählung aller Stimmen feierten Anhänger Gruevskis im Zentrum der Hauptstadt Skopje ihren Sieg. Als nächstes wird sich die Partei nach einem albanischen Koalitionspartner umsehen müssen. Viele wichtige Gesetze können ohne Zustimmung der Mehrheit der albanischen Parlamentsabgeordneten nicht verabschiedet werden. In Frage kommt die bei den Wahlen ebenfalls erfolgreiche DUI mit ihrem Parteiführer Ali Ahmeti, einem früheren Rebellenkommandeur. Mit zwölf Prozent der Stimmen liegt die Partei weit vor der „Demokratischen Partei der Albaner“ (DPA). Die DUI regiert seit 2002 als Juniorpartner der Sozialdemokraten, könnte also ihre Arbeit mit neuem Koalitionspartner fortsetzen.

EU-Standards erfüllt?

Unmittelbar nach Verkündung der ersten Hochrechnungen hallten in Skopje und Tetovo, der albanischen Hochburg im Westen des Landes, Freudenschüsse aus Kalashnikovs durch die Nacht. Branko Crvenkovski, der mazedonische Präsident, lobte den friedlichen und demokratischen Verlauf der Wahlen, eine Einschätzung, die trotz einiger Unregelmäßigkeiten von vielen internationalen Beobachtern geteilt wird. Es scheint also, dass Mazedonien am Ende doch noch die Anforderungen der EU an einen fairen Wahlgang erfüllt hat, wenn auch nur mit der Note ‚befriedigend’. Noch sei es angesichts des schleppenden Fortgangs der Reformen allerdings zu früh, über echte EU-Beitrittsverhandlungen zu sprechen, sagte EU-Botschafter in Mazedonien, Erwan Fouere, im Gespräch mit dieser Zeitung.


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