Tschechien

Vier Fäuste für das Wählervotum

Tschechiens Wahlkampf nimmt sich wie eine skurrile Aneinanderreihung von Gewalttaten ausPrag (n-ost). Den Auftakt machte Ende April der Abgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der kommunistischen Partei, Jiri Dolejs. Mit den Worten „Scheiß Kommunist“ wurde dieser von unbekannten Tätern direkt vor dem Parlament zusammengeschlagen. Tagelang kämpften anschließend Spezialisten um den Erhalt seines Augenlichts, während die Zeitungen mit Bildern seines aufgequollenen Gesichts gefüllt waren. Geschockt verabschiedete das Parlament einstimmig eine Stellungnahme, in der sie den Überfall verurteilte. Weniger politisch motiviert war die Tat eines Polizisten am 1.Mai in Prag. Während einer Demonstration gegen marschierende Nationalsozialisten zog er die Abgeordnete der Grünen und Bürgerrechtsbeauftragte der Regierung, Katarina Jacques, aus der Menge und benutzte seinen Schlagstock selbst dann noch, als die Frau wehrlos am Boden lag. Kurze Zeit später mußten er und weitere Polizisten den Dienst quittieren. Im Verlauf des Skandals gewann  Jacques, die in Prag für das Parlament kandidiert, stark an Popularität und erschien auf den Wahlplakaten neben dem Vorsitzenden der Grünen.Den Sozialdemokraten Miroslav Váňa  widerum überfielen Unbekannte Ende Mai auf dem Weg nach Hause. Sie schlugen ihn mit Stangen zu Boden. Nachdem er aus einer Ohnmacht erwachte, schleppte er sich mit einer Gehirnerschütterung nach Hause und rief Hilfe. Er wäre froh, wenn Wertgegenstände gefehlt hätten, sagte er später auf einer Pressekonferenz, dann wüßte er wenigstens, warum das geschehen sei. Bei einer Tagung der Grünen Mitte Mai in Ostrava kam es zunächst zu einer verbalen Auseinandersetzung über den Wahlkampfstil der Abgeordneten im nordmährischen schlesischen Wahlkreis Simone Pavlicová. Das ärgerte das Mitglied Jiři Blahuta so sehr, dass er auf den Ehemann der Nummer eins der Grünen losging. Wer den Kampf letzendlich für sich entscheiden konnte, ist unbekannt. Jedenfalls sind sowohl Jiři Blahuta als auch Simone Pavlicová aus der Wahlliste gestrichen worden. Den skurrilsten Zwischenfall lieferte jedoch der konservative ODS-Politiker Miroslav Macek auf einem Ärztekongress. Vor versammeltem Publikum und Fersehkameras erklärte er, noch eine „rein persönliche“ Angelegenheit erledigen zu müssen, bevor er dem sozialdemokratischen Gesundheitsminister David Rath auf den Hinterkopf schlug. Beide Kontrahenten prügelten sich daraufhin, und auf der Internetseite www.video.google.com kletterte der Film in der Beliebtheitsskala schnell auf die vordersten Ränge. Miroslav Macek musste anschließend weder die ODS verlassen, noch hat er sich bisher bei David Rath entschuldigt.  
ENDE
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