Schwere Regierungskrise
Litauens Ministerpräsident Brazauskas hat am Mittwoch nach dem Zusammenbruch seiner Koalitionsregierung seinen Rücktritt eingereicht. Ausgelöst wurde die Regierungskrise von Ermittlungen gegen zwei Minister der Arbeitspartei. Dabei soll es auch um Korruption bei der Verteilung von EU-Geldern gehen.Vilnius (n-ost) – Litauens Ministerpräsident Algirdas Brazauskas hat am Mittwoch nach dem Zusammenbruch seiner Koalitionsregierung seinen Rücktritt eingereicht, dies berichtete die baltische Nachrichtenagentur BNS.Ausgelöst wurde die Regierungskrise von Ermittlungen der litauischen Staatsanwaltschaft und des Geheimdienstes gegen zwei Minister der Arbeitspartei im Zusammenhang mit dubiosen Geldflüssen. Dabei soll es auch um Korruption bei der Verteilung von EU-Geldern gehen. Die Arbeitspartei ist die stärkste Kraft der Drei-Parteien-Koalition im Parlament von Vilnius. Weil Staatspräsident Valdas Adamkus den in die Schusslinie geratenen Ministern offiziell das Vertrauen entzog und indirekt eine Regierungsneubildung forderte, verließ die Arbeitspartei die Regierungskoalition. Die von Brazauskas angeführten Sozialdemokraten und die Bauernpartei haben nun zusammen keine Mehrheit mehr. Der 73-jährige Brazauskas kündigte an, dass seine Sozialdemokraten nicht mehr die Verantwortung für die Bildung eines neuen Kabinetts übernehmen wollten. Damit neigt sich die Karriere des in Litauen sehr populären Ministerpräsidenten ihrem Ende entgegen. Brazauskas war 1988 zum Chef der litauischen Kommunistischen Partei gewählt worden, die im Dezember 1989 unter seiner Führung als erste Partei in der damaligen Sowjetunion mit der KPdSU brach und später einen sozialdemokratischen Kurs einschlug. Er war von 1993 bis 1997 Präsident des Landes und seit 2001 Regierungschef.Die Arbeitspartei gerät in Litauen nicht zum ersten Mal ins Zwielicht. Der russisch-stämmige Parteigründer Viktor Uspaskich befindet sich seit zwei Wochen wegen „persönlicher Probleme“ in seiner russischen Heimat in der Region Archangelsk und lässt sein Amt als Parteichef ruhen. Auch diese Tatsache hatte Staatspräsident Adamkus scharf kritisiert. Vor einem knappen Jahr war Uspaskich als Wirtschaftsminister zurücktreten und sein Abgeordnetenmandat niederlegen müssen, weil eine staatliche Ethikkommission ihn beschuldigte, seine Interessen als Großunternehmer nicht sauber von denen des Staates zu trennen. In Litauen, wie auch in den übrigen baltischen Staaten, ist zudem die Angst groß, zu stark unter russischen Einfluss zu geraten. Diese Ängste sind eng mit dem Namen Uspaskich verknüpft. Als wahrscheinlich gilt nun, dass Präsident Adamkus den Oppositionsführer Andrius Kubilius mit der Regierungsbildung beauftragt. Eine „Regenbogenkoalition“ seiner Konservativen mit Sozialdemokraten und Liberalen unter Ausschluss der populistischen Arbeitspartei war nach der Wahl im Oktober 2004 noch an Fragen der Machtverteilung gescheitert.Ende