Familie Smolarek und der deutsche Fußball
WARSCHAU/DORTMUND (n-ost) - Der 14. Juni wird der wichtigste Tag im Fußballerleben von Euzebiusz Smolarek sein. Wenn er trifft, beim Spiel Deutschland-Polen in Dortmund, wird es weder den Polen noch den Deutschen im Stadion schwer fallen, sich an den Namen des Torschützen zu erinnern. Ebi Smolarek, der beste Torschütze von Borussia Dortmund in der abgelaufenen Saison, ist polnischer Fußballer des Jahres und Stürmer des Nationalteams. Schon sein Vater Wlodzimierz trug bei einer WM das rot-weiße Trikot mit dem polnischen Adler. Das war 1982, als die polnische Elf in Spanien zum zweiten Mal nach 1974 WM-Dritter wurde – hinter Deutschland. Wlodzimierz Smolarek und der überragende Spielgestalter Zbigniew Boniek – beide aus Lódz – prägten damals eine technisch starke Mannschaft.
Ein Jahr zuvor wurde Ebi Smolarek geboren. Als sein Vater 1986 in die Bundesliga zu Eintracht Frankfurt wechselte, nahm er seine Familie mit. Smolarek Junior lernte am Main Deutsch, später auch Niederländisch, denn sein Vater zog weiter in die holländische Ehrendivision zu Feyenoord Rotterdam. Dort lernte der Sohn das Fußballspielen unter Anleitung seines Vaters, der bis heute Jugendtrainer von Feyenoord ist.
Die Bundesliga-Karriere Ebi Smolareks begann eher holprig. In Rotterdam saß er unter Trainer Ruud Gullit meist auf der Bank. Die Dortmunder liehen ihn Anfang 2005 aus, um den verletzten Brasilianer Ewerthon kurzfristig zu ersetzen. Die Bild-Zeitung kündigt den Allrounder aus der Fußballschule von Feyernoord als „Haschisch-Bomber“ an, weil bei einer zurückliegenden Dopingprobe aufgefallen war, dass Smolarek auch die holländische Kultur inhaliert hatte. Smolarek wurde dafür in Holland drei Monate gesperrt, seine Karriere stagnierte.
In Dortmund aber überzeugte Ebi durch Leistung. Mit seinem ersten Schuss als Borusse trifft er gegen Wolfsburg und wird Stammspieler. Wenig später wird aus dem Leihgeschäft ein Vier-Jahres-Vertrag. Die Ablöse liegt bei 750.000 Euro – ein Schnäppchen im Vergleich zu Dortmunder Transfers der Vergangenheit. „Ich bin dem BVB für diese Möglichkeit dankbar“, sagt er nach Vertragsschluss: „Für dieses Vertrauen will ich etwas zurückzahlen.“
Keiner kann ahnen, wie schnell das geht. Der etatmäßige Mittelstürmer und wertvollste Spieler der Mannschaft, Jan Koller, fällt mit einem Kreuzbandriss aus. Ebi springt ein uns schießt allein in der Hinrunde elf Tore, ohne die der BVB gegen den Abstieg spielen müsste. Die beste Quote in der Vereinsgeschichte. „Niemand spricht mehr über Jan Koller, das ist das größte Kompliment für Ebi“, sagt dazu BVB-Trainer Bert van Marwijk, der Smolarek als 19-jährigen in Feyenoord selbst entdeckt und an die Profimannschaft herangeführt hatte.
Auf einem Riesenplakat gegenüber des Warschauer Zentralbahnhofes werden Flüge nach Deutschland für 90 Zloty angeboten, in Anlehnung an die Dauer eines Fußballspiels. Einige Polen fliegen schon jetzt nach Dortmund, um Ebi spielen zu sehen. In Polen ist er – ganz beiläufig – zum besten Botschafter der Bundesliga geworden. Der polnische Boulevard feiert seinen Star mit Überschriften wie: „Der magische Ebi“ oder „Hurrikan Ebi“.
Ganz so stürmisch ging es in den Bundesliga-Zeiten von Smolarek Senior nicht zu. „Ich hatte in Deutschland eine schöne Zeit“, sagt Wlodzimierz Smolarek heute, meist sei das auch während der Heimspiele von Borussia Dortmund so. Ob er am Mittwoch, dem 14. Juni, zwischen 21 Uhr und 22.45 Uhr auch eine schöne Zeit haben wird, hängt wieder von seinem Sohn Ebi ab. Aber nicht nur.
Ende