Warschau will KZ Auschwitz umbenennen
Bundesregierung äußert Verständnis für Umbenennung des KZ Auschwitz
Polnische Botschaft kritisiert deutsche Medien
Von Oliver Hinz (E-Mail: hinzoliver@web.de, Tel. 089-12 77 96 00, mob. 0171-489 13 15)
Berlin (n-ost) Die Bundesregierung ist offen für eine Ergänzung des Namens des Todeslagers Auschwitz um den Zusatz „nazi-deutsch“ auf der Welterbe-Liste der UNESCO. „Wir haben Verständnis für den polnischen Wunsch nach Umbenennung“, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin dieser Zeitung.
Seit 1979 führt die Kulturorganisation der Vereinten Nationen, UNESCO, die Gedenkstätte unter dem Namen „Konzentrationslager Auschwitz“. Diesen März bat das polnische Kulturministerium um die Änderung des Titels in „Ehemaliges Nazi-deutsches Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau". Für die Umbenennung ist das Welterbe-Kommittee der UNESCO zuständig, in dem Deutschland derzeit kein Stimmrecht sondern nur Beobachterstatus hat. Eine Sprecherin der UN-Kulturorganisation sagte allerdings, die deutsche Regierung müsse bei der beantragten Namensänderung konsultiert werden.
Die polnische Regierung hat wiederholt darüber geklagt, dass ausländische Medien Auschwitz als "polnisches Konzentrationslager" bezeichneten. Der polnische Botschafter in Berlin, Andrzej Byrt, intervenierte etwa dagegen, dass das Magazin „Der Spiegel“ vorige Woche in einem Beitrag über den BND von „polnischen Vernichtungslagern“ geschrieben hatte. Ein Sprecher des „Spiegels“ nannte den Begriff einen „Fehler“ hinter dem keine Absicht stehe.
Der stellvertretende Leiter der polnischen Botschaft, Gesandter Wojciech Wieckowski, äußerte sich gegenüber dieser Zeitung auch „befremdet und entrüstet“ über einen Kommentar der „Berliner Zeitung“ vom Samstag. Er schrieb einem Protestbrief an die Chefredaktion. In dem Kommentar hatte es geheißen, Auschwitz lasse sich nicht umbenennen: "Die Umbenennung versucht, Auschwitz auf ein deutsches Ereignis zwischen 1940 und 1945 zu reduzieren. Das geht nicht."
Ein Sprecher des polnischen Kulturministerium hatte den Antrag damit begründet, dass im Ausland die jüngere Generation Auschwitz-Birkenau nicht mehr selbstverständlich mit den Verbrechen der Nationalsozialisten in Verbindung bringe. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei dies hingegen noch selbstverständlich gewesen.
Viele Polen befürchten, dass Deutschland die Geschichte des Zweiten Weltkriegs verfälscht und Polen von Opfern zu Tätern macht. Auch der Berlin-Korrespondent der konservativen Warschauer „Rzeczpospolita“, Piotr Jendroszczyk, schrieb, den Kommentar „in einer viel gelesenen Berliner Tageszeitung kann man als einen Versuch verstehen, die deutsche Schuld und Verantwortung zu relativieren. Es ist nicht das erste Mal.“
Deutsche Medien behaupteten allerdings – soweit bekannt - nie, Polen sei für die Vernichtungslager auf seinem Boden während der deutschen Besatzungszeit verantwortlich. Die Nachrichtenagenturen epd und AFP sowie zuletzt die Süddeutsche Zeitung und die Berliner „tageszeitung“ (taz) hatten offenbar mit dem Adjektiv „polnisch“ nur gemeint, die Lager hätten in diesem Land gelegen.
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